Volltext: Drama und Theater in Österreich ob der Enns bis zum Jahre 1803

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hinderte das z. B. den Propst von Ranshofen nicht, in Passau ein 
„Schimpf“ haus zu bauen.1) 
Eine Charta reformationis für das Stift St. Florian aus dem 
Jahre 1451 verbietet die Tänze der Bauern an Festtagen und was Í 
immer für Spiele innerhalb der Klosterfriedung.2) Also müssen sie 
üblich gewesen sein. 
Einen Großteil der Unterhaltung besorgten im Mittelalter die 
fahrenden Spielleute3), deren Anwesenheit an den Höfen der Pürsten4) 
und Vornehmen und massenhaftes Zusammenströmen bei großen 
Festlichkeiten uns durch Angaben der mittelalterlichen Geschichts¬ 
werke und durch Erwähnungen in den Disziplinarvorschriften der 
geistlichen Behörden beglaubigt ist. 
Unter dem fahrenden Volke finden wir Elemente der ver¬ 
schiedensten Art. Sie übernahmen den Vortrag der altüberlieferten 
nationalen Heldengesänge, doch erstreckte sich ihre Tätigkeit auch 
bis zur Vorführung dressierter Bären und Hunde und zur niedrig¬ 
sten Possenreißerei; auch zeigten sie sich mit Tänzen, sowie mit 
Taschenspieler- und Akrobatenkünsten. Wenn ein solcher Trupp 
von Spielleuten in einer Festversammlung erschien, so bot sich ein 
Programm dar von ähnlicher Mannigfaltigkeit, wie heutzutage in 
einem Café chantant. 
Zu ihrem Repertoire gehörten nun auch zweifellos dramatische 
Vorführungen in der Form des Marionettenspiels und sonstige 
komische Szenen und aus diesen hat man sich vielfach die Ent¬ 
stehung des weltlichen Dramas komischen Inhaltes erklärt. Man 
hat dann ferner auf die Narrenfeste in den Kirchen5), auf die 
komischen Episoden in den geistlichen Dramen, auf altüberlieferte 
Volksfeste und Volksspiele hingewiesen, die dramatische Elemente 
in sich bargen. 
*) Haus für Spiel und Unterhaltung. Urkunde vom 12. Oktober 1296 
(Passau) im Urkundenbuche des Landes ob der Enns IV, 243, Nr. 269. 
2) A. Czerny, Zwei Aktenstücke etc., p. 76. 
3) Ich habe schon früher erwähnt, daß sich im Rentbuche des Stiftes 
St. Florian vom Jahre 1404 eine eigene Rubrik für Geldgeschenke an „iocula- 
tores et vagi“ findet. 
4) Der kränkliche Kaiser Friedrich III. ließ sich auf seiner Burg zu Lin% 
durch seinen Possenreißer Georg, der sich „König von Portugal“ nannte und 
die „Ritterwürde“ verlieh, die Grillen vertreiben. (E. Simonsfeld, Itinerario di 
Germania dell anno 1492, Venezia 1903, p. 20 des Sonderabdruckes.) t 
5) Die Sitte der Knabenbischöfe ist auch bei uns bekannt gewesen, wie | 
eine Rechnung vom Jahre 1480 im Urbar des Stiftes Waldhausen zeigt: Item j 
den schuelern mit den Bischoven successive 6 ß 20 8. 
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