Volltext: XVII. Jahresbericht des öffentlichen Mädchen-Lyzeums in Linz 1906 (17. 1906)

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Mein Torensinn verschuldet. Und die Rache 
Des Herren schlug mich mit dem grimmen Aussatz, 
Von dem kein Arzt der Welt mich heilen kann. 
Mir weicht der Mörder aus, der schlechteste, 
315 Und keinen Freund Hab' ich auf dieser Erde. 
Denn selbst der Elendste schaut mich nicht an 
Und schmäht mich, wenn ich seine Straße kreuze. 
Nur dich allein Hab ich getreu befunden, 
Du gabst dem Aranken Obdach, du fliehst nicht 
320 Vor dem Gezeichneten. Und doch, wenn du 
Auch treu mich pflegst, wenn du in Abscheu dich 
Nicht wendest vor dem ekelhaften Anblick, 
Wenn du mir Liebes tust und schließlich auch 
Gewissen Vorteil ziehst aus meinem Leben: 
325 Auch dir kam' ungelegen nicht mein Ende! 
Was soll ich auch noch? Wer trägt Leid um mich? 
Wem liegt an meinem Leben oder Sterben? 
Ich war dein Herr und heute lebe ich 
Von deiner Gnade! Freund, an mir erwirbst 
330 Du Gotteslohn, du und dein Weib und Rind, 
XDetl Ihr mich ruhen laßt an Eurem Herde! 
Doch weil du schon gefragt, so will ich dir 
Bescheid auch geben. Ach, von Arzt zu Arzt 
Bin zu Salern ich hoffnungsfroh gegangen 
335 Und konnte keinen finden, der die Kunst 
Besessen und den Willen, mich zu heilen. 
Denn nur ein Mittel gäb' es, sagten sie, 
Das mir zum Heil gereichen könnte; doch 
Es wär' von solcher Art, daß ich auf Erden 
340 Es nimmer finden möchte, Höre, Freund! 
Es müßte sich ein Mädchen, tugendhaft 
Und fleckenlos, mit vollem, eig'nem Willen 
Entschließen, daß für mich den Tod sie litte. 
Sein Herzblut nur kann mir Genesung bringen! 
345 Sag', Freund, wo finde ich solch Menschenkind, 
Das meinetwillen Tod und (Qual erlitte? 
So muß ich tragen, was mir Gott verhängt, 
Muß leiden, bis der Tod mich mild erlöst! 
0 käm' er bald und brächte mir den Frieden!" — 
350 So sprach der arme Heinrich. Still und eifrig
	        
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