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So ging die Sache also nicht. Jedenfalls konnte ein neuerlicher An¬
griff nicht ohne genaue Erkundung vor sich gehen, eine nicht ganz
leichte Aufgabe, der sich der schon oft bewährte Oblt. Kern freiwillig
unterzog. Der dann am 29. von der 1. Kompagnie unter seiner Führung
durchgeführte Angriff hatte vollen Erfolg. Oblt. Kern erzählt über
diese, die Kämpfe im Lepozze-Ortigara-Abschnitt abschließende Tat der
tapferen Vierzehner unter anderem folgendes:
,,Da 2007 seinerzeit der Ausgangspunkt dieser schweren Kämpfe
gewesen, war es fast selbstverständlich, daß dieser Stützpunkt nicht in
italienischem Besitze bleiben durfte, sollte er nicht später neuerlich das
Ausfallstor eines feindlichen Gegenangriffes werden. Die Kaiserschützen-
bataillone waren so gut wie abgekämpft, die Kompagnien unseres Ba¬
taillons aber nicht minder. Am kampfkräftigsten war noch die meine.
Wurde somit diese Aufgabe nicht einer frisch herangeführten Truppe
übertragen, was kaum zu gewärtigen war, so mußte die Wahl mich
treffen. Ich begab mich daher schon in der Nacht vom 26. auf den
27. Juni und auch in der folgenden mit zwei Mann meiner Kompagnie
auf Rekognoszierung.
In Kenntnis davon, daß der Feind zuerst die Kuppe -<>-2007 und
von dort die Höhe -<>-2071 genommen hatte, vermutete ich einen An¬
marschweg zu der erstgenannten, den ich vorerst ausfindig machen
wollte. Allerdings war der Abstieg in dem durch das vorhergegangene
wiederholte Trommelfeuer fast unentwirrbar gewordenen Steinchaos sehr
schwer ausfindig zu machen. So blieb mir nichts anderes übrig, als mich
nach den Gefallenen zu richten. Diese lagen zumeist in dem schmalen
heranführenden Steig und wiesen als schauerliche Wegweiser am ehesten
die einzuschlagende Richtung. In der Erkundung dieses Steiges brachte
schon die erste Nacht Orientierung und Gewißheit. Festzustellen war
dann noch die Hakenlänge der gegnerischen Stellung, denn von einer
geschlossenen Linie bis zur italienischen Maorasteilung konnte keine
Rede sein. Dies glückte mir in der Nacht vom 27. auf den 28. Juni.
Dieser Patrouillengang wäre allerdings fast mißglückt; nur im letzten
Augenblick konnten wir uns vor den an uns vorbei aufsteigenden feind¬
lichen Essenträgern verbergen; wir waren zu weit nach rechts und auf
diese Weise fast hinter die italienische Riegelstellung geraten.
Am folgenden Tage meldete ich mich freiwillig zur Wiedergewin¬
nung von -<¡>-2007 und schlug dem Bataillonskommandanten vor, die
Unternehmung überfallsartig durchzuführen. Mein Vorschlag wurde ge¬
nehmigt und der Angriff für die Nacht vom 29. auf den 30. festgesetzt.
Unruhe beim Feind in der mondhellen Nacht verzögerte vorerst den
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