Volltext: Luther und das Landl

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gemeinde erforderte eine ganze Kraft. Dazu sah er sich fast alsbald in 
Abwehrstellung sowohl gegen die Beschnetdung der Toleranzgesetze durch 
die geistlichen und weltlichen Stellen, wie gegen das dem Rationalismus 
verfallene eigene Kirchenregiment gedrängt. Etwas von dem unbändigen 
Feuergetst der alten Flazianer, die einst in Eferding ihr Wesen hatten, 
lebte in Eisenbach. Gleichberechtigung gewohnt, konnte er sich nicht in die 
gedrückten Verhältnisse der nur „geduldeten" Toleranzkirche hineinfinden. 
Mit Wort und Feder trat der unerschrockene Schwabe für die kümmer 
lichen Rechte seiner Gemeinde ein und gegen die Übergriffe der „domi 
nanten" Kirche auf. Man drohte ihm mit Amtsentsetzung und Landes 
verweisung. Um so hartnäckiger beharrte Eisenbach auf seinem Stand 
punkte, auch als das Konsistorium in Wien durch den Superintendenten 
am 24. April 1787 wegen Unbotmäßigkeit die Amtsenthebung aussprechen 
ließ. Leider schwamm damals sein Amtsnachbar und Superintendent Thie 
risch noch ganz im Kielwasser des Wiener Konsistoriums sowie auch der 
politischen Landesbehörden, die sofort auch gegen ihn Stellung nahmen, 
als er es endlich wagte, für den Wahrheitskämpfer in Eferding einzu 
treten. Es war zu spät. Mochte sich Eisenbach gleich Paulus vor dem 
Landpfleger Festus auf den Kaiser berufen, von dessen Gerechtigkeit er 
alles erhoffte, sein Geschick erfüllte sich bet der Regierung in Linz. Vor 
gehen, erschien Eisenbach am 14. August 1788 mit zwei Vorstehern im 
Landhause zu Linz. Die Tür zum Zimmer des Regterungsrates Eybel 
schloß sich hinter ihm. Die Vorsteher hörten noch eine heftige 'Ausein 
andersetzung — dann nichts mehr. Ihren Prediger Eisenbach aber sahen 
sie nicht wieder. An diesem Tage rollte eine Etlkutsche mit zwei Pferden 
an Eferding vorüber; sie entführte Eisenbach unter Poltzeibedeckung und 
setzte ihn bei Schärding ohne Zehrpfennig über die Grenze. Ohne Urteil, 
ohne Abschied von seiner Familie und Gemeinde wurde er abgeschoben. 
Als er in Schärding über die Jnnbrücke ging — nur im Besitze von 
Mantel und Stab —, gewann er noch die Freudigkeit, Lob- und Dank 
lieder zu singen und sich zu getrösten: „Der Wolken, Luft und Winden 
gibt Wege, Lauf und Bahn, der wird auch Wege finden, da mein Fuß 
gehen kann" und „Alles Ding hat seine Zeit, Gottes Lieb in Ewigkeit". 
Eisenbach hatte den Fehler begangen, die Rechtgläubigkeit seiner vor 
gesetzten kirchlichen Behörden anzutasten, die verschiedenen Landesbehörden 
durch Berufung auf kaiserliche Toleranzerlässe zu verärgern, der römischen 
Kirche in der blitzenden Wafsenrüstung streng lutherischer Btbelgläubigkeit 
entgegenzutreten ohne zu bedenken, daß das Zeitalter der Toleranz eben 
doch noch zu sehr unter dem wieder wachsendem Einflüsse der „herrschen 
den" Kirche stand. 
In Ortenburg erfuhr er, daß seine Frau über diesen Ereignissen von 
Sinnen, seine jüngste Tochter in Ohnmacht gefallen und kurz darauf ge 
storben sei. Hinter dem Ausgewiesenen ging an alle Landgerichte ein 
Steckbrief, ihn im Betretungssalle sogleich wohlverwahrt nach Linz zu 
überstellen. Eisenbach aber tauchte seine Feder tief in die Tinte und schrieb 
im Gasthofe „Zum wilden Mann" in Nürnberg im Herbste 1789 als
	        
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