Volltext: Das Passauer Stadtrecht

  
  
  
  
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gelassen (vgl. Erl. zu art. 19). Im Gegensaße hiezu war der eigenmächtige 
Eingriff des Gläubigers in das Vermögen des zahlungssäumigen 
Schuldners in Baiern bereits zur Zeit der Volksrechte beschränkt und 
durch die Lex Baiuw. tit. 13, c. 1!) und 3 an die Erlaubnis des Richters 
gebunden, um Gewalttätigkeiten und Unfrieden zu verhüten. Im öffentlich- 
rechtlichen Verfahren blieb, abgesehen vom fränkischen Rechtsgebiete, 
die Pfändung des Schuldners noch lange etwas Ungewöhnliches und 
suchte hier die staatliche Gewalt mit anderen Zwangsmitteln, wie 
Ächtung, Land- und Stadtverweisung, den Schuldner zur Zahlung zu 
bestimmen, so daß sich mit Fug behaupten läßt, Eigentum und Ehre 
des Deutschen seien ursprünglich besser geschüßt als Leib und Leben?), 
Andrerseits gestand man dem Gläubiger, wie früher in gewissen’ privi- 
legiertert Fällen, die außerprozessuale Pfändung zu, beschränkte diese 
aber immer mehr auf unbestrittene („gichtige“) oder öffentlich kundliche 
Schulden und verlangte die Erlaubnis des Richters zur Zwangsvoll- 
streckung und regelmäßig seine Mitwirkung dabei®). Allmählich trat 
so der Gläubiger, der doch eigentlich dem Richter den Rechtstitel 
beim Pfändungsakte gab, dem Richter gegenüber so sehr in den 
Hintergrund, daß nur dieser als Träger der öffentlichen Gewalt nach 
außen das Pfändungsrecht verkörperte, d. h. pfändungsberechtigt 
erschien und Pfändungsbefugnis auch auf sein Personal übertrug, 
während dem Gläubiger dagegen die eigenmächtige Pfändung ver- 
sagt wurde*). 
Von dem außerprozessualen Verfahren drang die Pfändung wegen 
Schuld nach diesen Voraussegungen schließlich ins gerichtliche ein 
und verdrängte ersteres allmählich ganz. Besonders in den Städten 
wurde mit dem 13. Jh. im Interesse des Friedens bald die außer- 
gerichtliche Pfändung jeder Art, vor allem bei nichtgichtiger und nicht- 
kundlicher Schuld verboten und das ordentliche Gerichtsverfahren, zumal 
Bürgern gegenüber, als allein zulässig erklärt. Die Schuldpfändung 
gegen sie sollte nur mehr erlaubt sein, wenn vorher in ordentlichem 
Rechtsgange das Bestehen der Schuld festgestellt war5). Diesen Stand- 
punkt vertritt auch unser Artikel 29: Welche Klage auch immer der 
Stadtrichter gegenüber einem Bürger zu vertreten hat, eigenmächtige 
Pfändung steht ihm nicht zu, weder zu Gunsten des Klägers noch zur 
Eintreibung des eigenen, richterlichen Wandels, bis ihn das Gericht 
1) Pignorare nemini liceat nisi per iussionem iudicis. 
2).S. auch Hirsch, Die hohe Gerichtsbarkeit, S. 228. 
3) Planig, Vermögensvollstreckung, 166 f., mit Belegen aus Baiern und Öster- 
Teich. 
4) Ders, a. a. O., 464 f.; vgl. auch das Rechtssprichwort: „Das Recht kann 
Niemand zwingen ohne den Richter.“ 
5) Ders.,, a. a. O., 380 f., 401 {. 
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