Volltext: Die Kriegführung im Sommer und Herbst 1917. Die Ereignisse außerhalb der Westfront bis November 1918. (13. 1942)

Verzögerung der Verhandlungen. Die Akraine. 
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Waffenstillstandsverträgen, und daraus ergebe sich eine Handhabe, den 
Quertreibereien entgegenzutreten. Es stände fest, „daß sich die ukrainische 
Bewegung Schtscherbatschews unter dem Schutze des Waffenstillstandes 
aus den ungefährlichen Anfängen zu einem respektablen Feinde entwickeln 
kann, der zum mindesten Kräfte festhält und zu seiner späteren Nieder- 
zwingung bedeutenden Einsatz verlangt...“ Damit war die Gefahr klar 
aufgezeigt, wenn auch von einer Seite, deren Regierung die Bildung 
einer selbständigen Ukraine nicht wünschte. Da aber in Focsani die Ver¬ 
handlungen mit General Schtscherbatschew und den Rumänen ebenso 
wenig wie die in Brest mit den Russen vorwärts kamen, mußte versucht 
werden, wenigstens mit den Vertretern der Rada baldigst zum Abschluß 
zu kommen. Das erschien angesichts ihrer zunehmenden inneren Schwie¬ 
rigkeiten um Mitte Januar schon eher erreichbar als bisher, denn in Charkow 
hatte sich eine bolschewistische Gegenregierung gebildet. 
Auch der Widerstand österreich-Ungarns war jetzt leichter zu über¬ 
winden, da die Donaumonarchie unter schweren inneren Erschütterungen 
litt. Aus Wien gingen verzweifelte Hilferufe um Nahrungsmittel bei 
Graf Czernin ein; er möge sich „sofort an Berlin um Hilfe wenden, da 
sonst Katastrophe vor der Tür stände"1). Er bemerkte dazu: „Sowie die 
russischen Unterhändler merken, daß die Revolution bei uns im Anzug ist, 
schließen sie keinen Frieden, da ihre ganze Spekulation auf diesen Faktor 
berechnet ist." Es folgten Nachrichten über „große Streikbewegung, die 
auf gekürzte Mehlquote und auf den schleppenden Verlauf der Brester 
Verhandlungen zurückzuführen" sei; die Arbeiter verlangten an diesen 
Verhandlungen teilzunehmen. Als einzige Rettung erschien rascher Friede 
mit der Ukraine, von dem man baldige Versorgung mit Getreide erhoffte. 
Graf Czernin drängte daher zum Abschluß. Er leistete der ukrainischen 
Forderung aus das bisher zu Russisch-Polen gehörige Gebiet von Cholm 
keinen Widerstand mehr und war auch bereit, den Ukrainern in Ostgalizien 
eine gewisse Selbständigkeit einzuräumen. Andererseits hatten die Ukrainer 
ihr Desinteressement an Bessarabien bekanntgegeben, so daß man damit 
Rumänien entgegenkommen konnte. 
Am 17. Januar erklärte Trohki, daß er demnächst für etwa 6 Tage 
zur Eröffnung der konstituierenden Versammlung nach Petersburg fahren 
müsse, am 19. reiste er ab. Erst am 29. Januar sollten die Verhandlungen 
m Brest wieder aufgenommen werden. Angesichts dieser neuen zehntä¬ 
gigen Verschleppung drängte die Oberste Heeresleitung beim Reichs- 
jfflzler und drahtete darüber am 28. Januar an General Hoffmann: Sie 
') Ottokar Czernin: „gm Weltkriege", 6.323ff.
	        
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