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Die Entwicklung der Gesamtlage im Sommer 1917.
Hilfsdienstgesetz*) beim Reichskanzler auf die Notwendigkeit hingewiesen,
„unberufenen Schreiern und Hetzern, ebenso der stellenweise herrschenden
unwürdigen Gewinn- und Vergnügungssucht das Handwerk zu legen" und
die gesetzgebenden Körperschaften „auf den ganzen Ernst der Lage und die
Notwendigkeit des völligen Aufgehens des gesamten Volkes in die Auf¬
gaben, die der Krieg uns stellt, mit allem Nachdruck hinzuweisen und
ihnen ihre Mitverantwortlichkeit in vollem Umfange und unzweideutig
klarzumachen".
Im November 1916 hatte die Oberste Heeresleitung dann gegenüber
den Bedenken des Kanzlers durchgesetzt, daß angesichts der immer wieder
offen verkündeten Eroberungsabsichten der Gegner die bis dahin verbotene
Erörterung deutscher Kriegsziele freigegeben wurde. Der Umstand, daß
weite Gebiete feindlichen Landes in deutscher Hand waren, gab die Be¬
rechtigung zu fordern und die Möglichkeit, Sicherheiten zu schaffen gegen
künftige Gefahren. Die Oberste Heeresleitung erwartete, daß sich für
solches Ziel bei richtiger Führung die Masse des Volkes zu einer geschlos¬
senen Einheit zusammenfinden werde, die die Zagenden mitreißen, den
Siegeswillen stärken und Eindruck auch auf die Gegner machen würde.
Reichskanzler von Bethmann-Hollweg hatte sich denn auch am
11. November 1916 bereitgefunden, die „sachliche Erörterung" der Kriegs¬
ziele freizugeben; nur jede „'verhetzende Bekämpfung Andersdenkender"
blieb verboten; die Presse sollte auch nicht die geringste Schwächekund¬
gebung bringen und keinen Zweifel lassen, daß Deutschland fest entschlossen
sei weiterzukämpfen, bis es alles erreicht habe, was seine „militärische,
politische und wirtschaftliche Zukunft sichern" könne.
Das Ziel, das der Obersten Heeresleitung vorschwebte, wurde aber
nicht erreicht, vor allem da tatkräftige Unterstützung seitens der von der
Reichstagsmehrheit abhängigen Regierung ausblieb. Die Forderung nach
einheitlicher und straffer Leitung der Presse lehnte der Reichskanzler ab.
Während der gesund empfindende Teil des Volkes in Übereinstimmung
mit der Obersten Heeresleitung an der Forderung der für künftige Sicher¬
heit notwendigen Gebietserweiterungen festhielt, begann der andere an¬
gesichts der langen Dauer des Krieges und zunehmender Ernährungs¬
schwierigkeiten am guten Ausgang mehr und mehr zu zweifeln. In Ver¬
kennung des feindlichen Vernichtungswillens hoffte er auf Verständigung
mit den Gegnern, ohne daß der Kampf zu Ende geführt würde. So
brachte die Freigabe der Kriegszielerörterung statt der erstrebten Samm¬
lung der Masse des Volkes zu einheitlichem Wollen nur Vermehrung und