Volltext: Die Geschichte des jüdischen Volkes im Orient (3, Orientalische Periode / 1926)

§ 25. Die orientalisch-römische Diaspora 
Tode (267), die Königin Zenobia, erwarb sich hohen Ruhm durch 
Förderung von Kunst und Wissenschaft. An ihrem Hofe lebten hoch 
gebildete Römer; aber auch freidenkende Christen standen bei ihr 
in Gunst, so z. B. der antiochenische Bischof, der verketzerte Paulus 
von Samosata, der die Göttlichkeit Jesu nicht anerkannte und der jü 
dischen monistischen Auffassung überaus nahekam. Manche Kir 
chenschriftsteller waren später der Meinung, daß Zenobia eine Jüdin 
gewesen sei. Es mag sein, daß diese halb heidnische, halb christliche 
Königin in der Tat auch für die jüdische Religion Sympathien ge 
hegt hat, doch werden sie sich wohl kaum auf das jüdische Volk er 
streckt haben. Wenigstens wissen die talmudischen Nachrichten über 
die Bewohner von Tadmor und ihre Herrscher nur Ungünstiges zu 
erzählen. Der Zeitgenosse des Odenath und der Zenobia, das Haupt 
der Akademie von Tiberias, R. Jochanan, sagt z. B. einmal: „Selig 
ist der, der den Fall Tadmors erleben wird“. Es haben sich dunkle 
Nachrichten über von Zenobia veranlaßte Judenverfolgungen erhalten, 
sowie über damit zusammenhängende Fürbitten palästinensischer Ge 
setzeslehrer. Vielleicht hat die Königin von Palmyra, nachdem sie 
sich zur unabhängigen Gebieterin des römischen Morgenlandes pro 
klamiert hatte, ihre Macht in der Tat auch den Juden zu spüren ge 
geben. Doch war die Oberhoheit von Palmyra, wie gesagt, nur von 
kurzer Dauer. Der römische Kaiser Aurelian, der „Wiederhersteller 
des Reiches“, machte dem sich als Großmacht aufspielenden winzi 
gen Staate ein schnelles Ende, indem er die Stadt Palmyra bis auf 
den Grund zerstörte und die übermütige Königin Zenobia zur Ge 
fangenen machte (273). 
In raschem Niedergange ist um diese Zeit das kosmopolitische 
Alexandrien in Ägypten begriffen. Der ehemalige jüdisch-helleni 
stische Synkretismus, auf dessen Boden so viele Wunderblüten gei 
stiger Schöpfungskraft hervorgesprossen waren, weicht hier vor der 
christlichen Kultur, in der das Heidentum allmählich aufgeht, Schritt 
für Schritt zurück. Zum eingewurzelten Judenhaß der alexandrini- 
schen Griechen gesellt sich nunmehr der Fanatismus „der Christen, 
Diesem doppelten Ansturm vermag die jüdische Kolonie kaum stand 
zuhalten. Ihre weniger widerstandsfähigen Elemente werden von der 
neuen griechisch-christlichen Strömung hinweggespült, die innerlich 
gefestigteren aber schließen sich ab oder wandern aus. Nach der im 
II. Jahrhundert unter Trajan erfolgten Erhebung der Diaspora geht 
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