Volltext: Die Geschichte des jüdischen Volkes im Orient (3, Orientalische Periode / 1926)

Palästina im III. Jahrhundert 
170 
eine gottlose und widerrechtliche hinzustellen 44 (Dialog., 16, 17, 96, 
108, 117, 137). Sogar den Judenchristen, die nach wie vor an den 
Mosesgesetzen festhielten und auch die Heidenchristen dazu zu be 
wegen suchten, ist Justin wenig freundschaftlich gesinnt; er beteuert, 
daß „die Heidenchristen sowohl zahlreicher als auch eifriger im Glau 
ben sind als die Christen aus der Mitte der Judäer und Samaritaner 44 
(Dial., 47; I. Apolog., 53). Der Grundgedanke Justins besteht darin, 
daß alle Thoravorschriften, wie z. B. die den Sabbat, die Beschnei 
dung, den Opferdienst und den Speiseritus betreffenden, den Juden 
nur um ihrer Sünden willen, zur Erweichung ihrer „verstockten Her 
zen 44 , auf erlegt worden seien; wahre Frömmigkeit bedürfe dessen 
nicht, denn, fügt der Apologet naiverweise hinzu, von Adam bis Abra 
ham kam man ja ohne den Beschneidungsritus, und bis Moses auch 
ohne die übrigen Gesetze sehr wohl aus (Dial., 16, 19—23). Das 
Christentum, das den Menschen die „Beschneidung des Herzens 44 , die 
geistige Erlösung gebracht hat, habe sie zugleich von dem Joche des 
Gesetzes befreit, wiederholt Justin die Worte des Apostels Paulus, 
allerdings ohne seinen Namen zu nennen. 
Ganz unzulänglich werden die Beweisgründe des Justin in seiner 
positiven Verteidigung der christlichen Dogmatik. Die gelassene Be 
merkung des Juden Trypho, daß sich die Christen ganz willkürlich 
„irgendeinen Christus ausgedacht 44 hätten, der es ja nicht nötig ge 
habt hätte, sich aus einem Gotte in einen Menschen zu verwandeln 
und die Kreuzigung über sich ergehen zu lassen, wenn er wirklich ein 
Gott und ein zur Erlösung des Menschengeschlechtes von der Sünde 
berufener Messias gewesen wäre, versetzt Justin in hellen Zorn. Zum 
Beweise der Göttlichkeit Jesu führt der Apologet die bekannte Pro 
phezeiung Jesajas an (7, i4): „Siehe da, die Jungfrau wird schwan 
ger werden und einen Sohn gebären 44 , indem er die Ansicht der jüdi 
schen Weisen, derzufolge die Stelle einfach so aufzufassen sei, daß 
ein junges Weib (nicht aber eine „Jungfrau 44 ) einen Sohn gebären 
werde, und zwar den künftigen König Hiskia, entschieden in Abrede 
stellt (Dial., 43, 67 u. sonst). Auch viele Stellen in den Psalmen, in 
denen von dem „Könige der Herrlichkeit 44 Salomo die Rede ist, will 
er gleichfalls auf Christus beziehen (Dial., 34, 36). In seiner Beweis 
führung bedient sich Justin manchmal auch falsch zitierter Bibelstel 
len; so behauptet er z. B., daß ein Psalmvers (96, 10) den Wort 
laut hat: „Gott ward König vom Baume her (vom Kreuze) 44 , während
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.