Volltext: Die alte Geschichte des jüdischen Volkes (2, Orientalische Periode / 1925)

§ 97. Philo von Alexandrien 
33* 
5i5 
fünf menschlichen Sinne, die ohne die führende Vernunft zu Sünde 
und Verderben verleiten. 
Eine besondere Stelle nimmt in dem System der biblischen Philo 
sophie des Philo die umfangreiche Abhandlung „Über das Leben Mo 
ses’“ ein. Sich gleichsam chronologisch an die Geschichte der Erz 
väter anschließend, unterscheidet sich jedoch dieses Buch von ihnen 
durch seine Darstellungs weise, in der der Ton einer warmempfunde 
nen Apologetik und das Bestreben, den Hellenen die Erhabenheit der 
jüdischen Gesetzgebung vor Augen zu führen, vorherrschend ist. In 
der Einleitung hebt der Verfasser mit Bedauern hervor, daß der Ruhm 
der Gesetze Moses’ wohl bis ans „Ende der Welt“ gedrungen, die 
Persönlichkeit des Gesetzgebers selbst jedoch „von den hellenischen 
Schriftstellern infolge der Mißgunst und der in vielen Hinsichten be 
stehenden Gegensätzlichkeit zwischen den Gesetzen Moses’ und denen 
der Gesetzgeber anderer Staaten unbeachtet geblieben“ sei. Philo machte 
es den griechischen Schriftstellern zum Vorwurf, daß sie ihre Be 
gabung mit der Herstellung von „Komödien und schamlosen unzüch 
tigen Büchern in Versen und in Prosa vergeuden“, statt das Leben 
der Leuchten der Menschheit, der edlen Männer des Altertums und 
der neueren Zeit zu schildern. Dieses Buch scheint der jüdische Phi 
losoph hauptsächlich zur Zurechtweisung der Hellenen geschrieben zu 
haben. So verwandelte er die Lebensbeschreibung Moses’ in einen vor 
trefflichen didaktischen Roman von der Art der „Kyropädie“ des 
Xenophon, und schmückte das Leben seines Helden von der Wiege, 
dem Rohrkästlein auf dem Nil, bis zum Grabe an der Schwelle Ka 
naans mit den leuchtendsten Farben aus. Nach der Schilderung des 
Lebens Moses’ im ersten Teile stellt ihn der Verfasser im zweiten 
Teile in der dreifachen Gestalt eines führenden Gesetzgebers, Prie 
sters und Propheten dar. Sich auf den Ausspruch Platos berufend, 
daß es für jeden Staat ein Glück wäre, wenn sein Herrscher ein Phi 
losoph und ein Philosoph sein Herrscher sein würde, bemerkt er, in 
der Person Moses’ sei diese Vereinigung erreicht. In allen Ländern 
Asiens und Europas zögen die Gesetze Moses’ die allgemeine Auf 
merksamkeit auf sich. Die hebräischen heiligen Bücher seien unter 
Ptolemäus Philadelphus ins Griechische übertragen worden, und die 
hellenische Welt müsse nun die darin beschlossenen großen Wahr 
heiten schätzen lernen. 
Eine ausführliche Würdigung der Gesetze des Pentateuch gibt
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.