Volltext: Die alte Geschichte des jüdischen Volkes (2, Orientalische Periode / 1925)

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§ 69. Die Volksunruhen unter Pilatus 
Stellungen in der heiligen Stadt bedeutete eine Herausforderung ge 
genüber der absoluten Gottesverehrung des Judentums. Pilatus mochte 
jedoch die Schonung der religiösen Gefühle des Volkes nur als eine 
Schwäche erscheinen, und so schickte er einst aus Caesarea einen 
Truppenteil mit Kaiserbildern an den Feldzeichen nach Jerusalem. 
Zur Vermeidung von Volkstumulten erfolgte der Einzug bei Nacht. 
Als das Volk dennoch davon Kenntnis erhielt, ward es von maßlosem 
Entsetzen ergriffen. Eine große Volksmenge begab sich aus Jerusalem 
nach Caesarea und belagerte fünf Tage lang das Haus des Pilatus, 
ihn anflehend, die Zeichen aus der Hauptstadt wieder zurückzuziehen. 
Pilatus wollte jedoch nicht nachgeben und gab vor, eine Beseitigung 
der Feldzeichen käme einer Beleidigung des Kaisers gleich. Da die 
Menge trotzdem auf ihrer Forderung bestand, so griff Pilatus schließ 
lich zu folgender Maßnahme: er lockte das ihn mit seinen Bitten be 
stürmende Volk in die von Truppen umstellte Rennbahn und drohte, 
alle niederzumachen, falls sie sich nicht gefügig zeigen würden. Mit 
stürmischen Protestrufen beantworteten nun die Juden diese un 
menschliche Drohung. Als die römischen Soldaten sich anschickten, 
die unbewaffneten Juden zu überfallen, legten sich diese auf die 
Erde, entblößten ihren Nacken und erklärten, lieber sterben zu wollen 
als die Entweihung der heiligen Stadt zuzugeben. Angesichts der 
Standhaftigkeit der Juden nachdenklich geworden, entschloß sich Pi 
latus, seinen Widerstand aufzugeben. Er gab Befehl, die kaiserlichen 
Banner aus Jerusalem zu entfernen und sie nach Caesarea zurück 
zubringen. 
Nicht lange dauerte es, und Pilatus machte von neuem den Ver 
such, den Kaiserkultus in Jerusalem einzuführen. Er stellte nämlich 
in dem ehemaligen Palaste des Herodes, wo die Procuratoren bei 
ihrem Aufenthalt in Jerusalem Wohnung zu nehmen pflegten, gol 
dene Schilde auf, in die der kaiserliche Name eingraviert war. 
Dies machte er, wie ein Zeitgenosse sagt, „weniger um den Tiberius 
zu ehren, als um das Volk zu betrüben“. Die Vertreter der Jerusalemer 
Gesellschaft versuchten Pilatus zur Entfernung der Schilde zu be 
wegen, und als ihre Bitte abgelehnt wurde, entschlossen sie sich, 
Pilatus beim Kaiser anzuklagen. Tiberius, der die Juden nicht un 
nötigerweise reizen wollte, befahl denn auch Pilatus, die Schilde aus 
dem Herodespalaste zu entfernen und sie im heidnischen Augustus- 
tempel zu Caesarea aufzustellen.
	        
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