§ 64. Die Anfänge der Diaspora in Europa
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der Babylonier Hillel und der Alexandriner Philo die Prototypen
zweier Richtungen im Judentum dar: der für die Eigenart eintreten
den einerseits und der synkretistischen andererseits.
§ 64. Die Anfänge der Diaspora in Europa: Griechenland und Rom
Ein bedeutsames Ereignis in der Geschichte der Diaspora bildet
das Auf tauchen jüdischer Ansiedlungen in Europa, nämlich in Grie
chenland und Italien. Die Entstehung der jüdischen Kolonien im
europäischen Griechenland kann, auf Grund erhaltengebliebener In
schriften, bis in das II. Jahrhundert v. d. ehr. Ära zurück verfolgt
werden. In den griechischen Inschriften jener Zeit wird häufig jüdi
scher Sklaven und Freigelassener Erwähnung getan, was wahrschein
lich dadurch zu erklären ist, daß während der hasmonäischen Kriege
(170—140) gefangengenommene Juden aus Judäa nach Griechen
land weggeführt wurden. Mit der Unterstellung des Achäischen Bun
des unter die Gewalt Roms wächst die Zahl der jüdischen Gemein
den in Griechenland bedeutend, insbesondere nachdem es Pompe jus
gelungen war, das ganze griechische Asien zu erobern. Die griechisch
sprechenden Juden der östlichen Diaspora senden von nun ab ihre
Kolonisten auch in das europäische Griechenland aus, in dem diese,
dank der Gemeinsamkeit der Sprache, leicht heimisch werden. Im
I. Jahrhundert d. ehr. Ära finden wir bereits „Synagogen“ in Athen,
Korinth, Thessalonike, Philippi und anderen Städten.
Gleichzeitig tauchen jüdische Kolonien auch in Italien auf. Vor
der Unterwerfung Asiens durch Pompe jus lebten die Juden in Italien
anscheinend nur in kleinen Gruppen, die keine eigene Gemeinde
organisation besaßen. Aus Judäa kamen Juden damals nur zufällig
nach Rom, die einen in politischen Angelegenheiten (die Gesandtschaf
ten der ersten Hasmonäer), die anderen zu Handelszwecken. Eine et
was verschwommene Nachricht aus jener Zeit besagt, daß während
der Anwesenheit in Rom der mit einem Bündnisantrag von Si
mon dem Hasmonäer hingeschickten jüdischen Gesandtschaft, eine
Gruppe Juden, die den Jahvekultus unter den Römern zu verbreiten
suchten, aus der Hauptstadt ausgewiesen worden sei 1 ). — Zum
■*) Der römische Geschichtsschreiber Valerius Maximus berichtet, daß während
des Gonsulats des Popilius Laenas und Galpurnius (189 y. d. ehr. Ära) die Behör
den „die Juden, die die römischen Sitten durch den Kultus des Jupiter Sabazius