Volltext: Die alte Geschichte des jüdischen Volkes (2, Orientalische Periode / 1925)

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§ 3. Die ersten Ptolemäer 
Einfälle in das seleucidische „Asien“, während Seleucns II., der Nach 
folger Antiochus II., Palästina mit Krieg überzog. Wiederum wurde 
Judäa zum Schauplatz des Kampfes der beiden Rivalen. Um diese 
Zeit scheint sich zum ersten Mal in einem gewissen Teil der höheren 
Volksschichten Judäas eine revolutionäre Hinneigung zu den Seleu- 
ciden bemerkbar zu machen. Dadurch läßt sich vielleicht das befrem 
dende Verhalten des damaligen Jerusalemer Hohepriesters Onias 11. 
erklären, der sich plötzlich weigerte, die unter seiner persönlichen 
Verantwortung alljährlich zu entrichtenden Abgaben an Ägypten abzu 
führen. Es mag sein, daß er, sei es infolge einer ihm von den Ptole 
mäern zugefügten Kränkung oder infolge verlockender Versprechungen 
der Seleuciden, sich auf die Seite der Partei geschlagen hatte, die die 
syrische Herrschaft der ägyptischen vorzog. Diese Partei verfügte aber 
anscheinend nur über einen noch recht unbedeutenden Anhang; die 
Mehrzahl des Volkes hatte, wie es scheint, nichts gegen die Herrschaft 
der Ptolemäer, die Judäa die innere Freiheit sicherte, einzuwenden. 
Die Weigerung des Onias, die üblichen Abgaben zu entrichten, rief 
den Zorn des Ptolemäus Euergetes hervor. Der König schickte seinen 
Gesandten Athenion nach Jerusalem mit der Forderung, den festge 
setzten Tribut unverzüglich zu entrichten, und drohte, widrigenfalls 
die judäischen Ländereien unter die griechischen Soldaten aufzutei 
len; allein der Hohepriester ließ sich dadurch nicht einschüchtern. 
Sein Trotz konnte unheilbringend für Judäa werden, und so steigerte 
sich der Unwille des Volkes gegen den aufrührerischen Hohepriester 
und seine das Vaterland gefährdende Partei. Ein Bürgerkrieg drohte 
auszubrechen, noch ehe die ägyptische Strafexpedition Zeit gehabt 
hätte, das Land zu erreichen. Da aber trat ein Mann auf den Plan, 
dem es gelang, seine Heimat aus ihrer gefahrvollen Lage zu be 
freien. 
Es war dies der Neffe des Onias, Joseph ben Tobia, ein Mann 
von Tatkraft und Verstand, aber auch von großer Skrupellosig 
keit. In dem Konflikt des Hohepriesters mit der ägyptischen Regie 
rung ergriff Joseph die Partei der letzteren. Er erschien vor seinem 
hochbetagten Oheim, machte ihm im Namen des erregten Volkes Vor 
würfe und riet ihm, nach Ägypten zu gehen und von Ptolemäus Ver 
gebung zu erflehen. Onias erwiderte, daß er eher bereit sei, auf Amt 
und Würde zu verzichten, als sich nach Alexandrien zu begeben. Da 
verlangte Joseph, der Oheim möge nun ihm die Erlaubnis erteilen,
	        
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