Volltext: Die alte Geschichte des jüdischen Volkes (2, Orientalische Periode / 1925)

Die Nachfolger Herodes I. 
§56. Der Aufstand und die Anarchie in Judäa 
Die in Jerusalem ausgebrochenen Unruhen, die indirekt gegen das 
römische Protektorat gerichtet waren, veranlaßten den römischen 
Statthalter in Syrien, Quintilius Varus (§ 54), eine der drei ihm un 
terstellten Legionen in der aufrührerischen Hauptstadt zusammenzu 
ziehen. Yarus selbst blieb vorerst in Antiochia. In Judäa traf mittler 
weile, gerade als Archelaus sich zur Abreise rüstete, der vom Kaiser 
zur Aufrechterhaltung der Ordnung im Lande während der Zeit des 
Interims entsandte und mit außerordentlichen Vollmachten ausge 
stattete „Procurator“ Sabinus ein. Eine unglücklichere Wahl zur Er 
füllung einer solchen Mission hätte wohl schwerlich getroffen wer 
den können. Statt das Volk zu befrieden, reizte es der grausame und 
habgierige Sabinus durch sein herausforderndes Benehmen und seine 
Erpressungen nur noch mehr. Eigentlich sollte er seinen Wohnsitz 
in dem am Meere gelegenen Caesarea nehmen, er zog es jedoch vor, 
seine Residenz zu verlassen und in Jerusalem, im königlichen Palaste, 
Wohnung zu nehmen, wobei er die königlichen Schätze plünderte und 
das Volk unter dem Vorwände, der „Meuterei“ Vorbeugen zu wol 
len, rücksichtslos bedrückte. Statt die Revolution abzuwenden, trug 
er auf diese Weise nur zu ihrer Beschleunigung bei. Schon allein die 
Anwesenheit des römischen Befehlshabers in der heiligen Stadt mußte 
als Vorbote der herannahenden römischen Gewaltherrschaft auf ge 
faßt werden, und so beantwortete denn auch das in Erregung ver 
setzte Judäa diesen Schritt mit einem Ausbruch des Volkszornes. 
Am Wochenfest (Schebuoth) desselben Jahres überfluteten Je 
rusalem von neuem ungeheure Pilgerscharen aus der Provinz. Gar 
viele eilten in die Hauptstadt, nicht, um an den religiösen Feierlich 
keiten, sondern um an den politischen Kundgebungen gegen den ver 
haßten römischen Befehlshaber teilzunehmen. Das Volk, das die Rö 
mer von allen Seiten umzingeln wollte, teilte sich in drei Haufen: der 
eine besetzte den von Herodes angelegten Zirkusplatz oder das Hippo 
drom, ein anderer nahm am Tempel Aufstellung, während der dritte 
unmittelbar an den befestigten Königspalast, wo sich Sabinus selbst 
befand, heranrückte. Als der feige Procurator den bedrohlichen An 
sturm des Volkes gewahrte, verkroch er sich in den Phasaelsturm, 
den höchsten Turm der Palastburg, den römischen Soldaten befahl 
er aber, gegen die Judäer vorzurücken. Vor dem Tempel kam es zu
	        
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