Volltext: Die alte Geschichte des jüdischen Volkes (2, Orientalische Periode / 1925)

§ 3. Die ersten Ptolemäer 
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Herrschaft nach, als man den judäischen Einwanderern Grenzgebiete 
zuzuweisen pflegte und aus ihnen sogar eine große militärische Ko 
lonie in der Gegend von Elephantine zur Bewachung der Grenzen bil 
dete 1 ). In Alexandrien selbst siedelten sich die Juden dicht beieinan 
der in eimem besonderen Viertel an, um sich mit den Einheimischen 
nicht zu vermischen. Dessenungeachtet machte sich die Einwirkung 
der griechischen Kultur auf diese neue jüdische Kolonie sehr bald 
bemerkbar. Den einheimischen ägyptischen Kopten fernstehend, tra 
ten die Juden um so eher in nähere Beziehungen zu den gebildeten 
und gewerbetreibenden Griechen. Die aramäische Sprache, die ehe 
dem die Umgangssprache der ägyptischen Juden gewesen war, wurde 
nach und nach von der griechischen Sprache verdrängt, in die man, 
bald sogar die wichtigsten heiligen Bücher des jüdischen Volkes über 
tragen mußte. 
Nur eines unterließ oder versäumte Ptolemäus I. zugunsten der 
Juden zu veranlassen: die Freilassung jener Einwohner Judäas, die 
während der Diadochenkämpfe von seinen Truppen von dort nach 
Ägypten verschleppt worden und zu den Kriegern, die sie gefangen 
genommen hatten, in ein Hörigkeitsverhältnis geraten waren. Selbst 
ein Krieger, der im Laufe von zwei Jahrzehnten um Palästina ge 
kämpft hatte, vermochte Ptolemäus Lagi es nicht, an dem von der 
Sitte geheiligten Rechte der Krieger zu rütteln, demzufolge sie befugt 
waren, eine bestimmte Anzahl der im unterworfenen Lande Gefan 
genen als ihre Leibeigenen zu behandeln. Den Befreiungsakt vollzog 
nach dem Zeugnis eines alten Verfassers erst der Sohn und Nachfol 
ger des ersten Ptolemäers, Ptolemäus 11. Philadelphus (285—247)* 
der mehr Staatsmann als Krieger war. Durch einen besonderen Erlaß 
befahl er allen, die an den syrischen Feldzügen seines Vaters teilge 
nommen und auf dem Durchzug durch Judäa dessen Einwohner als 
Gefangene nach Alexandrien oder in andere Städte Ägyptens gebracht, 
1 ) S. Band I, § 80. Nach den Funden von Elephantine ist es heute nicht 
mehr möglich, alle in dem „Aristeasbrief“ (12—14, 22) erhalten gebliebenen und 
von Josephus (Ant. XII, 2, 2—5) nacherzählten Berichte über die Entstehung der 
jüdischen Kolonie in Alexandrien einfach als „tendenziöse Erfindung“ abzutun. Die 
Kolonisierung Ägyptens unter den Griechen war eine direkte Fortsetzung der Ko 
lonisierung unter den Persern. Aus dem pseudepigraphischen, von einem alex- 
andrinischen Juden zwei Jahrhunderte nach der Begründung der alexandrinischen 
Kolonie verfaßten „Aristeasbrief“ hören wir den Widerhall einer geschichtlichen 
Überlieferung heraus, die sich in dieser Kolonie erhalten hatte und durch apolo 
getische Zutaten nur weiter aus geschmückt wurde.
	        
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