Volltext: Die alte Geschichte des jüdischen Volkes (2, Orientalische Periode / 1925)

Die macedonischen Eroberungen und die Ptolemäerherrschaft 
nen Nationen in jeder Weise Verständnis entgegenbrachte. In Judäa 
wurde die bestehende Selbstverwaltungsordnung belassen, nur manche 
ihrer Formen wurden, wie es scheint, einer Änderung unterzogen. An 
der Spitze des Volkes verblieb der Jerusalemer Hohepriester, der Judäa 
mit Hilfe eines Ältestenrates (griechisch: „Gerusia“) verwaltete. Der 
Hohepriester galt als offizielles Oberhaupt des judäischen Volkes 
(„Ethnarch“), das vor der ägyptischen Regierung die Verantwortung 
trug. Er war unmittelbar verpflichtet, dem königlichen Fiskus alljähr 
lich die von den Judäern entrichteten Abgaben zuzuführen, die sich in 
der Mitte des III. Jahrhunderts auf zwanzig Talente Silber (etwa 
achtzigtausend deutsche Goldmark) beliefen. Im ersten Jahrhundert 
der griechischen Herrschaft bekleideten das Hohepriesteramt nachein 
ander (dem Zeugnis des Josephus zufolge) die folgenden Mitglieder 
der alten Zadokiten-Dynastie: der bereits erwähnte Zeitgenosse Alex 
anders des Großen, Jaddua, dessen Sohn Chonia I. (Onias), dessen 
Söhne, Simon I. und Eleasar, und deren Oheim Manasse (unter den 
beiden ersten Ptolemäern), endlich des Simon Sohn Onias II. (unter 
Ptolemäus III.). 
Hatte sich so in Judäa selbst die innere Ordnung beinahe unver 
ändert erhalten, so hatte außerhalb dessen Grenzen gar vieles ein neues 
Gesicht bekommen. Das wichtigste Ereignis war die Bildung eines be 
deutenden jüdischen Mittelpunktes in der Hauptstadt des neuen Ägyp 
ten, in Alexandrien. Die erste Ansiedlung der Judäer in dieser Stadt stand 
mit den zwanzig Jahre währenden Diadochenkämpfen in Zusammen 
hang. Nach den beiden Eroberungen Jerusalems im Jahre 32 0 und 
3i2 wurden nämlich viele Judäer von den griechischen Kriegern ge 
fangen genommen und dem Kriegsrecht gemäß nach Ägypten weg 
geführt, wo die Krieger zu friedlichen Kolonisten wurden, ihre Ge 
fangenen aber zu ihren Hörigen oder Sklaven. Aber auch von Ptole 
mäus selbst, der durch Zwangsmaßnahmen seine neue Hauptstadt zu 
bevölkern trachtete, wurden massenhaft Judäer in Alexandrien ange 
siedelt. Überdies mochten gar viele Einwohner Judäas in den un 
sicheren Kriegsjahren freiwillig ihre Heimat verlassen haben, um in 
der neuen Küstenstadt am Mittelmeere, dem zukünftigen Brennpunkt 
des Welthandels, Zuflucht zu suchen. Diese Einwanderung wurde von 
Ptolemäus I. begünstigt: wie die Sage berichtet, soll er sogar judäische 
Krieger mit der Bewachung fester Städte in Ägypten betraut haben. 
Vielleicht wirkte hier eine alte Tradition aus der Zeit der persischen 
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