Volltext: Die alte Geschichte des jüdischen Volkes (2, Orientalische Periode / 1925)

§ 22. Jochanan und die Erweiterung des Herrschaftsbereiches Judäas 
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jüdischen Volke feste Formen zu geben, versuchte Jochanan ihre Be 
kehrung zur jüdischen Religion. Er gestattete nämlich nur denjeni 
gen von den Eingeborenen, im Lande zu bleiben, die das „jüdische Ge 
setz“ anzunehmen bereit waren. Die Edomiter (oder wenigstens ein 
großer Teil von ihnen) fügten sich dieser Forderung. Sie unterzogen 
sich auch der Beschneidung als dem Symbol des Übertritts zum Ju 
dentum. Mit der Zeit glichen sich die Edomiter so völlig den Juden; 
an, daß aus ihrer Mitte späterhin sogar bedeutende Staatsmänner: 
Judäas hervorgingen (Antipater) und selbst der Begründer einer neuen 
königlichen Dynastie (Herodes) war edomitischen Stammes. Diese po 
litische und religiöse Inkorporierung einer ganzen Völkerschaft mochte 
wohl dem Stolze der offiziellen jüdischen Patrioten Zusagen, das 
Volk aber empfand kaum Freude über diese unverhoffte Vermehrung 
seiner Zahl. Die judaisierten Edomiter galten im Volke noch 
lange Zeit als Halb-Juden („hemijoudaioi“ bei Josephus), und diese 
unfreundliche Gesinnung verschärfte sich noch ganz besonders hun 
dert Jahre später, als ein Abkömmling der Edomiter, der König Hero 
des, Judäa in einen hellenistischen, halb-jüdischen Staat zu verwan 
deln suchte. Der Bezwinger Edoms, Jochanan-Hyrkanus, konnte nicht 
voraussehen, daß die Abkömmlinge der unterworfenen Völkerschaft 
einst über das Los der Hasmonäerdynastie entscheiden sollten, daß 
seine Nachkommen durch einen König edomitischer Abstammung ihrer 
Macht und sogar ihres Lebens beraubt werden würden. 
Anders verhielt sich der Fürst zu dem nördlichen, halbisraelitischen 
Samaritanersiamme, dem die ehemaligen Führer Judäas, Serubbabel 
und Nehemia, den Anschluß an den nationalen Bund verwehrt hat 
ten. Es bestand anscheinend für die jüdische Nation gar keine Hoff 
nung, diese ihr feindlich gesinnte Völkerschaft assimilieren zu kön 
nen, da sie sich durch den Fanatismus einer religiösen Sekte aus 
zeichnete und sich im Umkreis von Sichern, mitten im Herzen Palä 
stinas, gesammelt um den ihr heiligen Berg Gerisim, auf dem sich 
der samaritanische Tempel, der Rivale des Jerusalemer Tempels, er 
hob, ganz von der Umwelt abgeschlossen hatte. Das zwischen den 
eigentlichen Gebieten Judäas und den hellenisierten Städten Galiläas 
gelegene samaritanische Sichern schnitt die südlichen Juden von ihren 
nördlichen galiläischen Stammesgenossen ab und erschwerte in hohem 
Maße die Aufgabe der Wiedervereinigung der Randgebiete Palästi 
nas mit dessen Mittelpunkt. Von diesen politischen Erwägungen mochte
	        
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