818
Der Feldzug von Limano wa-tap ano w
gewöhnlicher Lebendigkeit. Vielfach wies sie noch die später immer seltener
werdende Eigenart eines Bewegungskampfes auf. Angriff und zähes Fest¬
halten, Umfassung und Umfaßtwerden, Geländegewinn und Gelände¬
verlust, Flügelwirkung und örtlicher Durchbruch wechselten in bunter
Reihe. Die wie in einem Kaleidoskop sich unablässig ändernde Lage
stellte die Führung aller Grade täglich und stündlich vor neue Ent¬
schlüsse, die höchste Beweglichkeit und Anpassungsfähigkeit des Geistes
und starke Nerven erheischten. Manchmal gab es Augenblicke, in denen
das blutige Spiel verloren zu sein schien. Schließlich siegte aber das
zähe Wollen, das auf öst.-ung. Seite die Truppen und ihre Führer bis zu
den höchsten hinauf erfüllte. Der Feind gab das Schlachtfeld preis.
Wenn es nach dem Werke Danilows den Anschein hat, als sei im
Kriegsrat von Siedlec (S. 595 ff), also noch vor dem Ringen der ersten
Dezemberwochen, auch für die Russen südlich von der Weichsel schon
grundsätzlich der Rückzug beschlossen worden, so spricht dies noch
keineswegs gegen die Bedeutung der Schlacht bei Limanowa-Lapanów.
Nicht umsonst verfocht Iwanow im Gegensatz zur Stawka seit je und
auch weiterhin bis in den April 1915 die Auffassung, daß es zunächst
nicht auf die Gewinnung Ostpreußens oder auf einen Entscheidungskampf
gegen die Deutschen, sondern ausschließlich auf die Niederwerfung der
öst.-ung. Wehrmacht anzukommen habe. Wenn Iwanow, was wahrschein¬
lich ist, bei weiterem günstigem Fortschreiten in Westgalizien die Stawka
schließlich für seine Ziele mitgerissen hätte, so wäre eine solche Beein¬
flussung der Heeresleitung durch den Befehlshaber der Südwestarmee
nicht das erstemal im Kriege erfolgt und auch nicht das letztemal. Durch
die Niederlage südöstlich von Krakau waren allerdings jene Ziele it;
weite Ferne gerückt und noch viel Blut sollte in den Wäldern der Kar¬
pathen die Erde netzen, bis der Großfürst-Generalissimus dem Drängen
Iwanows nachgab. So durfte Conrad mit Recht sagen, daß bei Limanowa-
Lapanów das Schwert in den Boden gerammt worden sei, das „die Heimat
vor der russischen Invasion bewahrte". Der Wall, der den russischen
Massen den Weg nach Westen versperrte, war durch die Schlachten bei
Lodz—Lowicz und Limanowa-Lapanów für die ganze weitere Dauer des
Krieges aufgerichtet. Der Schlachtenlärm, der in der zweiten Dezember¬
hälfte die Karpathen erfüllte, zeigte den blutigen Weg an, den nunmehr
in den nächsten Monaten das große Ringen zwischen dem Zarenreich
und der Donaumonarchie einschlagen sollte.