Volltext: Vom Kriegsausbruch bis zum Ausgang der Schlacht bei Limanowa-Lapanów ; 1. Das Kriegsjahr 1914 ; [Textbd.] ; (1. Das Kriegsjahr 1914 ; [Textbd.] ;)

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Der Sommerfeldzug 1914 gegen Rußland 
nicht nur der Zahl, sondern auch dem inneren Werte nach ein wahrhaft 
achtunggebietendes Kriegswerkzeug. Die Führung hatte meist bis zum 
Kompagniekommandanten herab noch den Feldzug im fernen Osten mit¬ 
gemacht. Die Truppe war in der kriegsmäßigen Ausbildung, zumal in 
der geschickten Ausnützung des Geländes gegenüber der modernen Feuer^ 
waffe, dem Gegner gewiß überlegen. Trotz der mannigfaltigen natio¬ 
nalen Zusammensetzung erhielt das Heer durch den echten Russen, den 
„Muschik", sein Gepräge. Der Muschik war ein guter, zäher, ausdauern¬ 
der, genügsamer Soldat; er zeigte ein hohes Maß von Opferwilligkeit, 
das freilich weniger moralischen Impulsen, als einer seit Jahrhunderten 
gezüchteten Unterwerfung unter fremden Willen und echt russischem 
Fatalismus entsprang. Dieser Fatalismus reichte auch bis in die höchste 
Führung hinauf; ihn bei den Befehlshabern aller Grade zu bekämpfen, 
betrachtete der Großfürst Nikolai Nikola je witsch, der an Stelle des 
Zaren mit Gen. Januschkiewitsch als Generalstabschef und mit Gen. 
Danilow als erstem Quartiermeister zur Seite die Oberleitung über alle 
Feldarmeen übernommen hatte, als eine seiner wichtigsten Aufgaben. 
Schon am 6. August hatte die russische Heeresleitung, „Stawka" ge¬ 
nannt, von ihren Kundschaftern sichere Nachricht darüber erhalten, daß 
die deutschen Truppen in Pommern, Posen und Schlesien nach dem 
Westen gerufen waren und Deutschland somit seine Hauptkraft nach 
dieser Richtung ansetzte. Damit konnte von den zwei durch den General¬ 
stab vorbereiteten Aufmarschlösungen G (Germania) und A (Austria) die 
zweitgenannte in Geltung treten. Für beide Fälle war die Teilung der 
Feldarmee in zwei Heere vorgesehen, ein Nordwestheer unter dem frü¬ 
heren Generalstabschef Gen. Schilinski, das jedenfalls aus der 1. und 
2. Armee, und ein Südwestheer unter Gen. Iwanow, das stets aus der 5., 
3. und 8. Armee zu bestehen gehabt hätte. Die starke 4. Armee war im 
Kriegsfalle G dem Nordwestheer anzuschließen, sonst der Südwestfront. 
War die Räumung des Landes westlich der Weichsel unter allen Um¬ 
ständen beschlossene Sache, so sollte, wenn ein Angriff der deutschen 
Hauptkräfte drohte, überdies östlich von Warschau gegen Brest-Litowsk 
hin ein beträchtlicher Gebietsstreifen freigegeben werden und die Armeen 
hätten dann gegenüber beiden Gegnern, wenn geboten sogar nach dem 
Vorbilde von 1812, das Herankommen der asiatischen Truppen in Ab¬ 
wehr erwarten sollen, ehe sie zum Gegenschlag ausholten. 
Für den Eintritt des Kriegsfalles A hatte Frankreich seit Jahren 
den nachdrücklichen Wunsch erhoben, daß sich Rußland mit der Haupt¬ 
masse seines Heeres nicht zuerst gegen Österreich-Ungarn, sondern so-
	        
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