Volltext: Der Linzer Volksgarten

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Japan Ginkgo genannt. Die langen, spießgeraden Aeste geben 
der Baumkrone ein auffallendes Aussehen. Die sonderbaren 
Blätter erinnern aus den ersten Blick an die des Frauenhaar 
farns, nur sind sie bedeutend größer. Die gelb- oder graugrüne 
Blattspreite ist am Grunde breit keilförmig, oben unregelmäßig 
abgestumpft und bis zur Mitte zweilappig eingeschnitten. Die 
Blattadern strahlen vom Blattstiel fächerförmig gegen den 
Blattrand. Wenngleich der Blattform nach einem Laubbaum 
ähnlich, gehört der Baum doch zum Nadelholz, und zwar zur 
Eibensamilie. Die männlichen und weiblichen Blüten sind auf 
zwei Häuser verteilt. Der Baum im Volksgarten enthält nur 
männliche Blüten. Neben der Linzer Gasanstalt an der 
Huemerstraße steht ein weiblicher Baum, der nach freundlicher 
Mitteilung des Garten-Oberinspektors I. Schweiger fast all 
jährlich etwa 40 kg Früchte liefert. Die kirschgroße, nußartige 
Frucht hat eine fleischige Hülle und ist genießbar. Besonders 
schmackhaft sind die gerösteten Samen; auf allen ostasiatischen 
Märkten bilden sie eine beliebte Handelsware. In China und 
Japan wird der Fächerblattbaum in Tempelhainen als Heilig 
tum verehrt. Große Bestände bildet er noch heute im südlichen 
China. Ueberaus merkwürdig ist die Geschichte seines 
Geschlechtes, das er heute als einzige Art und Gattung vertritt. 
Seine Stammeltern reichen weit zurück ins Altertum unserer 
Erde, in die sogenannte Permzeit, deren Ablagerungen in der 
russischen Landschaft Perm am besten erhalten sind. Im Mittel 
alter der Erde begünstigte seine Ausbreitung ganz besonders 
die Jurazeit. In den europäischen und asiatischen Ablage 
rungen des braunen Jura fand man zwölf versteinerte, ver 
wandte Arten. Fast ungeschwächt überdauerte das Baum 
geschlecht die folgende Kreidezeit sowie die Tertiärzeit am 
Beginne der Erdneuzeit. In diesen erdgeschichtlichen Zeitaltern 
lassen sich alle Uebergänge des Blattes von der getrennten 
Nadelform zur geschlossenen Laubform nachweisen. Die Stürme 
der Eiszeit haben alle Bestände dahingerafft und nur eine Art 
konnte sich im eisfreien Ost- und Südasien vor dem Untergang 
retten. Die ersten Fächerblattbäume kamen 1754 in die euro 
päischen Gärten. Ein Prachtstück von riesiger Größe aus der 
Zeit Maria Theresias steht am Eingang in den Wiener 
Pflanzengarten (Rennweg). 
Die angrenzende Gartensläche gegen die Landstraße zu 
erfuhr eine vollständige Erneuerung. Zu Füßen schlanker 
Fichten und Birken ersteht ein üppiger, wintergrüner Buschwald 
großblättriger, veilchenblau blühender Alpenrosen aus dem 
östlichen Nordamerika, und daneben gedeiht frisch und fröhlich 
das flach ausgebreitete, reichverzweigte Astwerk der klein 
blättrigen Zwergmispel, im Herbst und Winter reich geschmückt 
mit langen Korallenkellen beerenähnlicher Steinäpfelchen. Auch 
der Felsenstrauch erhält ein Plätzchen zugewiesen. Stattliche 
Steinbrechstöcke umsäumen die große, weite Kreisfläche.
	        
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