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Die Sprengung hatte aber bei den Italienern eine Änderung ihres
Arbeitsplanes ausgelöst. Bisher hatten sie sich bloß auf den Ausbau des
Absperrstollens Belluno—Zero beschränkt. Nunmehr beabsichtigten sie,
den Minenkrieg aus ihrem Bereich heraus feindwärts gegen Norden zu
verlegen. Zu diesem Zweck gingen sie wieder auf die Arbeiten im Stollen
Napoli über und zweigten von ihm im rechten Winkel Nebenstollen für
Gegenminen nach Osten und abwärts ab und bogen auch das Ende des
Stollens Napoli nach rechts.
Ein Abzweigen nach Westen kam nicht in Betracht, da man auf
diese Weise in die von der Sprengung am 2. Oktober in Mitleidenschaft
gezogene Zone gekommen wäre.
Dieses neue Stollensystem Napoli war also als ein offensives Vor¬
gehen gegen den Sattel und zugleich als Absperrung gegen ein feindliches
Vordringen vom Westen her gedacht und sollte im ganzen „einen An¬
griff skomplex darstellen, der den Feind, wenn nicht zu einem anderen
Angriffsplan, so doch zu immer schwierigeren Gegenminierarbeiten
zwingen mußte".
Inzwischen waren im anderen Stollensystem Belluno—Zero die
schon Ende Oktober 1917 begonnenen, nach Norden vorgetriebenen
kleineren 5 Stollen in den ersten Tagen des Jänner 1918 fertig geworden.
Sie zweigten in einer Breite von etwa 77 m24) vom Hauptstollen nach
Norden ab und drangen in eine annähernd gleiche Tiefe von 4 m. Diesen
5 Stollen fügte man später noch einen 6. hinzu und schob außerdem
zwischen den 1. und 2. noch einen zu diesen parallel laufenden Stollen
1 a25) ein, so daß nunmehr ein ursprünglicher Stollen 1 und einer 1 a be¬
stand Im ganzen besaß somit das Abwehrsystem Belluno—Zero 7 feind¬
wärts strebende Abwehrstollen.
Über die Lage des Stollens Belluno—Zero wäre nach italienischen
Angaben noch anzuführen; Mittlere Tiefe von der Oberfläche des Zahnes
(Platte) 51 m, Entfernung vom Sattel (Eselsrücken) 65 m, Tiefe, vom
niedrigsten Punkt des Sattels gerechnet, 16 m.
Die Italiener mußten aber ihren neu gefaßten Angriffsplan beim
Stollen Napoli bald wieder aufgeben, da sie bereits zu sehr in die Ver¬
teidigung gezwungen waren. Die Gründe hiefür lagen wohl hauptsächlich
darin, daß das italienische Minensystem sich zum größten Teil unter ihren
eigenen Kampfanlagen befand und daher nur kleine Ladungen, die keinen
Erfolg herbeiführten, zur Verwendung gelangen konnten. Jede größere
Ladung hätte ihr Minensystem und ihre Verteidigungsanlagen in Mit¬
leidenschaft ziehen müssen.
Ein nicht zu unterschätzender Vorteil war es für die österreichischen
Mineure, daß sie sich in der Tiefe behaupteten und immer unter dem
italienischen Minensytem waren, ein Bestreben, das nach dem Motto;
~4) Der i. war 11.50 m von der Kreuzung der Stollen Napoli-Belluno, der 2.
23.50 m östlich vom 1., der 3,, 4. und 5. 14 m, 23 m und 42 m vom 2. Stollen entfernt.
25) In italienischen Veröffentlichungen mit Nr 1 bis (Nr 1 noch einmal) bezeichnet.
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