Volltext: VII. Jahrgang, 1902 (VII. JG., 1902)

Seite 34. 
ÖBERÖSTERREICHISCHE BAUZEITUNG. 
Nr. 5. 
Inhalt. Project zu einer römisch-katholischen Pfarrkirche in Klein¬ 
münchen bei Linz. — Bauten von Behörden in eigener Regie. — Die 
Meisterprüfung im Deutschen Reiche — Was soll mein Sohn werden? — 
Amerikanischer Unternehmungsgeist. — Local-Baunotizen. — Bücherschau. 
— Briefkasten. — Ausweis über die Umschreibung von Immobilien in Linz. 
— Angesuchte Baulicenzen. — Anmeldungen für Wasserbezug aus dem 
städtischen Wasserwerke. — Inserate. 
Bauten von Behörden in eigener Regie. 
Wie die „Allgemeine Baugewerbe-Zeitung“ in Wien 
meldet, wurden in Verbänden und Vereinen der Bau¬ 
meister und Bauinteressenten Oesterreichs 
Klagen darüber laut, dass Behörden und Bisenbahn¬ 
gesellschaften Bauten in eigener Regie aufführen 
und dadurch die befugten Gewerbetreibenden in ihrer 
Thätigkeit schädigen. Nicht nur die Baumeister sind 
benachtheiligt, wenn eine Behörde in eigener Regie baut, 
sondern auch alle bei Bauten beschäftigten Gewerbsleute, 
weil eben die Arbeiten aus freier Hand nach Gutdünken 
vergeben werden, wodurch jede loyale Ooncurrenz aus¬ 
geschlossen ist. Eingaben, welche in dieser Richtung an 
die Regierung gemacht wurden, hatten bisher keinen 
Erfolg. Dies veranlasst^ den Präsidenten des Vereines 
der Baumeister, Herrn Stadtbaumeister Anton Krones in 
Wien, sich in dieser Angelegenheit an den Abgeordneten 
Dr. Heilinger um ein Rechtsgut achten in dieser für alle 
Gewerbetreibenden hochwichtigen Frage zu wenden, 
welches derselbe bereitwilligst erstattete. Es lautet: 
„Die Leitung und Durchführung von Baumeister¬ 
arbeiten durch die Staatsbehörden, autonomen Körper¬ 
schaften und autonomen Organe in eigener Regie unter 
Ausschaltung der besteuerten concessionierten Baumeister 
sind gewerbliche Thätigkeiten, welche den Zweck haben, 
im Budget der bezeichneten Behörden und Körperschaften 
einen Nutzen auszuweisen, der darin besteht, dass ein 
gelernter den Bau leitender Baumeister nicht zü honorieren 
ist. Eine solche Action der Behörden und Körperschaften 
enthält einen Eingriff in die Gewerbebefugnisse der 
concessionierten Baumeister, welche allein zur Ausübung 
des Baumeistergewerbes, beziehungsweise zur Ausführung 
der angeführten Bauarbeiten berechtigt erscheinen, und 
involviert eine Uebertretung der Gewerbeordnung (§ 132 
lit. a), beziehungsweise des Gesetzes vom 25. December 
1863, R.-G.-Bl. 193 (§17 fg). Dass nicht jede Behörde, 
Corporation oder Genossenschaft berechtigt erscheint, 
concessionierte gewerbsmässige Thätigkeiten zum Zwecke 
der Erzielung eines Nutzens, beziehungsweise von Er¬ 
sparungen vorzunehmen, findet seinen correcten Aus¬ 
druck im § 92 des Gesetzes vom 9. April 1873, 
R.-G.-Bl. 70. Nach diesen Paragraphen haben Erwerbs¬ 
und Wirtschaftsgenossenschaften, welche concessionierte 
Thätigkeiten vornehmen wollen, um Ersparungen, be¬ 
ziehungsweise einen entsprechenden Nutzen für die 
Genossenschaft, beziehungsweise deren Mitglieder zu 
zu erzielen, die entsprechende Concession zu erwerben. 
Dieser Grundsatz gilt analog allgemein nach öster¬ 
reichischem Rechte (ä. b. G.-B. § 7) insbesondere auch 
hinsichtlich des Baumeistergewerbes, in Ansehung dessen 
Erlangung und Ausübung aus allgemeinen und polizei¬ 
lichen Rücksichten, beziehungsweise aus Gründen der 
Sicherheit und des Verkehres noch besondere Cautele 
durch das ausgeführte Specialgesetz vom 26. December 
1893 geschaffen wurden. Abgesehen nun davon, dass die 
bezüglichen Behörden und Körperschaften das Gewerbe 
ausüben, ohne es erlangt zu haben, daher schon aus 
diesem Grunde zu dem Betriebe des Baumeistergewerbes 
nicht berechtigt erscheinen, können dieselben nicht die 
Bestimmung haben, den Gewerbetreibenden eine ver¬ 
nichtende Ooncurrenz zu machen, sondern sind da, um 
den in unserer Zeit ohnehin schwer bedrängten, eine 
Hauptstütze des staatlichen Lebens bildenden Gewerbe 
unter die Anne zu greifen und es ökonomisch zu heben. 
Der betreffende Gewerbebetrieb erscheint somit als ein 
unbefugter Gewerbebetrieb, welcher dem Gewerbestande 
gerade die kaufkräftigsten Abnehmer entzieht.“ 
Was soll mein Sohn werden? 
Obgleich die Eltern viele Jahre Zeit haben, darüber 
nachzudenken, zeigt doch die tägliche Erfahrung, dass 
oft in der Wahl des Berufes ihres Kindes gründlich fehl 
gegriffen wurde. Da ist der Junge der eingeschlagenen 
Carriere überdrüssig geworden, noch ehe er sie recht 
kennen lernte, er hat „umgesattelt“. 
Wohl gibt es harte, energievolle Menschen, die erst 
lange mit Widerwärtigkeiten aller Art unter dem Drucke 
äusserer Verhältnisse zu ringen haben, ehe sie sich „durch- 
beissen“, und die in diesem Kampfe öfters aus der ge¬ 
raden Linie herausgeworfen werden oder sich selbst heraus¬ 
werfen, ehe sie den Hafen der Ruhe erreichen, das heisst 
eine gleichmässig zusagende und fruchtbare Thätigkeit, 
wie sie ihrem Wollen — vielleicht unbewusst vorschwebte. 
Solchen Naturen kommen später die Abwege und Seiten¬ 
sprünge, die sie freiwillig oder unfreiwillig machten, zu¬ 
gute. Nicht alle zwar erreichen ihr Ziel, ihr Ideal möchten 
wir sagen! Gar mancher geht vorher schon unter 1 
Doch ist das „TJmsatteln“ nicht in allen Fällen ver¬ 
werflich. Es kann mitunter nothwendig und nützlich sein. 
Denn ein Mensch, der zeitlebens in einer seinen Fähig¬ 
keiten und Neigungen widersprechenden ^Sphäre bleiben 
muss, kann sich nie recht wohlfühlen und wird es 
schwerlich je zu etwas Ordentlichem bringen. Aber dann 
muss das Ae liefern des Berufs zeitig geschehen, damit 
nicht Zeit, Geld und Kraft zwecklos erschöpft werden. 
„Man kann wohl immer studieren, aber nicht immer 
Student sein“, ist ein altes wahres Wort. Ist wirklich 
mit der Erkenntnis der misslungenen Berufswahl auch 
zugleich der richtige Beruf erkannt, dann ist noch nichts 
verloren; verdoppelte Anstrengung wird das Versäumte 
nachzuholen wissen, wenngleich solche „im Leben ver¬ 
spätete“ Menschen nicht selten zeitlebens den Rückschlag 
dieses ersten Fehlgriffs fühlen. 
Ist aber bloss umgesattelt worden, um umzusatteln; 
ist man ohne ernsfe Prüfung und allseitige Erwägung 
bloss der Veränderung wegen auf einen anderen Lebens¬ 
weg gerathen, dann folgten dem zweiten Missgriff ge¬ 
wöhnlich noch mehrere, dann ist selten ein gutes Ende 
in Aussicht. Sind die Eltern reich, so büssen die den 
Missgriff durch grosse Geldopfer; aber wie wenn sie arm 
sind? Was soll der kleine Beamte, der Handwerker, der 
Kaufmann anfangen, wenn sein Sohn „nicht geräth“ ? In 
unseren Tagen, wo Zeit Geld ist, wo alle Bedürfnisse 
im Preise gestiegen sind, kann eine Familie, die künstlich 
und eingeschränkt nach genau entworfenem Plane lebt, 
wenn sie ein solcher „Strich durch die Rechnung“ trifft, 
geradezu ins Unglück gerathen. Selten hat der Vater 
so viel Entschlossenheit, dem Sohne die Thür zu weisen, 
damit er sich, gleichviel wie oder wo, sein Brot verdiene. 
Die Liebe zum Kinde, der Mutter Bitten verhindern es. 
Nun werden Opfer gebracht, die entweder die Familie 
zu einer noch kläglicheren Existenz weise herabdrücken,
	        
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