Volltext: V. Jahrgang, 1900 (V. JG., 1900)

Seite 178. 
ÖBERÖSTERREICHISCHE BAU ZEITUNG. 
Nr. 28. 
dass die wasserführenden Sand- und Kiesschichten eisen¬ 
haltig sind. Eisenhaltiges Wasser ist nun keineswegs 
gesundheitsschädlich, im Gegentheil; aber es verliert 
nach kurzem Verlauf sein anfänglich klares Aussehen, 
ist zur Wäsche und für manche Industrie unbrauchbar 
und führt zu Verstopfungen der Rohrleitung, wenn sich 
der sogenannte Brunnenfaden einstellt. Das Eisen muss 
daher dem Wasser vor der Einführung in die 
Leitung entzogen werden, und geschieht dies am wirk¬ 
samsten durch ausgiebige rasche Lüftung des Wassers, 
mit einer Filtration nach dem bewährten Verfahren des 
Directors des Berliner Wasserwerkes vor dem Stralauer 
Thor, Herr Ingenieur 0. Piefke. 
So viel für diesmal über die „Wasserversorgung der 
Städte “ im allgemeinen und werden wir anlässlich der 
Erbauung des Urfahrer Wasserwerkes noch öfters Ge¬ 
legenheit haben, diesen Gegenstand hier zur Sprache zu 
bringen. W: Z. 
Feuerfestes Holz. 
Das beste Vorbeugungsmittel gegen die jederzeit 
und unvermuthet drohende Gefahr einer Brandkatastrophe 
liegt zweifellos in der Verwendung solcher Baumaterialien, 
welche erstens bei einem ausgebroehenen Brande von 
sieh aus dem Feuer keine Nahrung bieten und zweitens 
schlechte Wärmeleiter sind. 
Von Interesse war für Fachleute wie für Laien eine 
Brandprobe, die auf dem Zernsdorfer Gelände der Holz- 
imprägnierungs-Anstalt Hülsberg & Co. in Zernsdorf 
bei Königswusterhausen in Bayern im grössten Stile vor 
einer geladenen Gesellschaft stattfand, welche Mitglieder 
der königl. Ministerial-Baucoinmission, der Artillerie- 
Prüfungscommission, Decernenten des Reichsmarineamtes, 
Gesandtschaftsmitglieder fremder Grossstaaten u. a. auf 
der Brandstelle vereinigte. 
Zwei Holzgebäude aus Kiefernholz, das eine nach 
H ü 1 s b e r g’schem Verfahren imprägniert, das andere 
nicht, wurden von Scheiterhaufen umgeben und nach 
reichlicher Petroleumtränkung angezündet, wobei für das 
imprägnierte Haus doppelt so viel Brennmaterial auf¬ 
gewendet wurde, wie für das der Vernichtung geweihte, 
nicht imprägnierte Gebäude. Letzteres enthielt im Innern 
zur weiteren Gegenprobe eine Kiste aus imprägniertem. 
Holze, welche mit Papieren, Zeitungen angefüllt war und 
einen Maximal-Thermometer enthielt. Es ist überflüssig, 
zu erwähnen, dass die Probe auf das Exempel glänzend 
bestanden wurde. Während das ungeschützte Haus 
binnen 20 Minuten niederbrannte, zeigte das geschützte 
Haus nur vereinzelnte angekohlte Aststellen. 
Eine Zwischenwand desselben, die das Gebäude in 
zwei Zimmer trennte, genügte, den auch in einem Zimmer 
innerhalb des imprägnierten Hauses angefachten Brand¬ 
herd aus Hobelspänen und Petroleum völlig zu isolieren. 
Mittels einer langen eisernen Harke wurde später der 
imprägnierte Kasten aus der Gluth des niedergebrannten 
Hauses geholt, mittels einer Axt geöffnet und demselben 
die eingelegten Probestücke entnommen. Das Maximal- 
Thermometer zeigte 27° C. als höchst erreichten Wärme¬ 
grade im Innern des Kastens. Von den Papieren war 
auch nicht eines angesengt 1 Der Kasten, aus ungefähr zwei¬ 
zölligem Holze hergestellt, war auf circa J/4 Zoll mit einer 
weisslichen Kruste bedeckt und zeigte inwendig die Farbe 
des Holzes. Ja noch mehr, illustrierte Zeitschriften, 
Tageszeitungen wurden imprägniert den Oommissären 
überreicht und ihre Unverbrennlichkeit erwiesen. Ebenso 
lassen sich Kleidungsstücke, Toiletten, Theaterooulissen 
u. s. w. nach demselben Verfahren unverbrennlich 
machen. Die Imprägnierung wird derart vollzogen, dass 
die lufttrockenen Hölzer auf kleinen Lowrys direct in je 
15 Meter lange Druckkessel eingefahren werden, die auf 
einen Druck von 20 Atmosphären geprüft sind und von 
dem jeder 30 Cubikmeter Fassungsraum besitzt. In den 
Kesseln angebrachte Schlangenrohre erhitzen den Inhalt. 
Gleichzeitig wird durch Luftpumpen der Luftinhalt des 
Kessels und der Holzporen entfernt. Nach hergestellter 
Luftleere wird die Imprägnierungs-Flüssigkeit eingelassen, 
welche in die von Luft befreiten Kapillaren des Holzes 
mit Leichtigkeit eindringt und überdies noch einem 
Drucke von 6 Atmosphären ausgesetzt wird. 
Das feuchte, aus dem Kessel kommende Holz wird 
in gewöhnlicher Weise getrocknet und hat ausser einer 
kleinen Gewichtsvermehrung keine Veränderung erfahren. 
Es lässt sich bohren, sägen, polieren wie vorher und 
übertrifft so alle Kunstholzproducte, welche man zum 
Zwecke der Feuersicherheit an Stelle des Holzes anzu¬ 
wenden versuchte. 
Schon sind die Marineverwaltungen Deutschlands, 
Englands, Frankreichs und der Vereinigten Staaten auf 
das neue Verfahren aufmerksam geworden, und ihre zum 
Theil bei der Brandprobe anwesenden Vertreter gaben 
ihrer Anerkennung über das gesehene Resultat Ausdruck: 
Aber wir meinen, dass die Industrie, so das Baugewerbe, 
einen noch viel höheren Antheil an der wirklich segens¬ 
reichen Erfindung nehmen sollte, die geeignet ist, dem 
Nationalwohlstand Milliarden durch Feuersgefahr be¬ 
drohter Werte zu erhalten und die Feuerversicherungs- 
Prämien aut ein Minimum zu reducieren. 
Der relativ geringe Preis der Imprägnierung nach 
Hülsberg’schem System, welcher je nach der Art der 
Verwendbarkeit und Abmessung des Holzes zwischen 
40 Mark und 75 Mark pro Cubikmeter schwankt, fällt 
gar nicht ins Gewicht gegenüber den Segnungen dieses 
Verfahrens. 
Wir wollen hierbei von den grossen Brandkatastrophen 
ganz absehen, die grosse Stadttheile verheerten, wie dem 
Brande der Londoner City; oder ganzer Städte, wie dem 
Untergang der Stadt Ottawa. Aber die ewigen Schaden¬ 
feuer, welche in Werkstätten und Fabriken alltäglich zu 
kostspieligen und verlustreiche i i Betriebseinstellungen 
nöthigen; die Dachstuhlbrände, welche die Wohnungs¬ 
mieter beunruhigen, und das Bewusstsein, in den hölzernen 
Treppenhäusern im Falle eines Brandes wie in einer 
Mausefalle zu sitzen, wird die öffentliche Meinung wie 
die Aufmerksamkeit dev Behörden bald auf das, durch 
die Hülsberg-Imprägnierung zu einem ganz neuen, ebenso 
eigenartigen wie wertvollen Baumaterial gewordene Holz 
lenken. Die so sehr erwünschte Feuersicherheit auf 
einem anderen Wege, vielleicht in der constructiven Ver¬ 
wendung des Eisens zu erreichen, ist bekanntlich durch 
die Praxis ebenso gründlich wie grausam widerlegt worden. 
Bei seinem hohen Wärmeleitungs-Vermögen muss 
das Eisen bei ausbrechendem Brande sich werfen, dehnen 
und verbiegen. Die auf Druck und Zug berechneten 
Theile werden von den zu tragenden Massen anders be¬ 
ansprucht, als in der Bauconstruction beabsichtigt war; 
und die furchtbarste Katastrophe steht in Aussicht. So 
braucht der senkrechte Schenkel eines 7"-Trägers nur 
um ein geringes aus seiner Lage zu kommen, um seine 
Tragfähigkeit zu verlieren und dadurch (wie z. B. der
	        
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