Volltext: IV. Jahrgang, 1899 (IV. JG., 1899)

OBKROSTERREICHISCHE BAUZEITUNG. 
Seite 98. 
Technische Neuigkeiten. 
Mifcg&theilt vom Internationalen Patentbureau Iv. Fr. Reichelt in 
Berlin NW. 
Die Kathedrale yon Genua ist im Besitze eines 
ausserordentlich wertvollen Gefässes, welches aus einem 
einzigen Smaragden geschnitten sein soll. Dasselbe misst 
121¡a Zoll im Durchmesser und fast 6 Zoll in der Höhe. 
Schon seit mehr als 600 Jahren befindet sich dasselbe in 
Genua. Der Zugang zu ihm ist durch verschiedene 
Schlösser unmöglich gemacht, deren Schlüssel sich je im 
Besitze einer anderen Person befinden. Im Jahre 1476 
wurde ein Decret erlassen, welches denjenigen mit 
strenger Strafe bedrohte, der sich der Reliquie zu sehr 
näherte. Die Sage behauptet, dass das Gefäss von der 
Königin von Saba dem König Salomo geschenkt wurde. 
Es wäre interessant zu wissen, ob die Reliquie bereits 
einmal von einem Kenner von Edelsteinen auf seine 
Echtheit untersucht worden ist, denn es scheint fast 
unmöglich, dass sich ein Smaragdkrystall in solcher 
Grösse gefunden haben sollte, aus dem man das Gefäss 
hätte schneiden können. Es ist bekannt, dass sich die 
Edelsteine verschiedener italienischer Reliquien bei 
näherer Prüfung als wertlose Imitationen herausstellten. 
Bekanntlich sind die amerikanischen Eisenhahn¬ 
züge, namentlich wenn sie dem durchgehenden Verkehre 
dienen, mit einem Luxus ausgestattet, von welchem wir 
Europäer uns kaum einen Begriff machen können, "und 
fortwährend ist man dabei, dem Reisenden immer neue 
Bequemlichkeiten zu bieten. Das Neueste in dieser 
Richtung dürfte jedenfalls die Idee eines findigen Managers 
sein, einen Wagen als Theater einzurichten, in welchem 
Specialitäten-VorStellungen gegeben werden. Der Theater¬ 
waggon ist in seinem Inneren zu einem kleinen Saal 
umgewandelt, der durch Malereien und Vergoldungen in 
der luxeriösesten Weise ausgeschmückt ist. Etwa 60 Sitze 
sind stufenförmig hintereinander angeordnet. Die eine 
Hälfte des Wagens wird von der Bühne eingenommen, 
vor welcher sich ein aus einem Pianoforte und ver¬ 
schiedenen Blas- oder Streichinstrumenten bestehendes 
Orchester befindet. Das Programm der Vorstellung soll 
sehr reichhaltig sein und möglichst viel Abwechslung 
bieten. Um aber auch den Frommen im Lande des Dollars 
gerecht zu werden, kann man den Raum, der Wochen¬ 
tags profanen Darstellungen dient, am Sonntag vormittags 
in einen Betsaal verwandeln. Auf der Bühne wird ein 
Altar aufgestellt, ebenso eine Kanzel, an Stelle des 
profanen Orchesters tritt ein Harmonium und den Reisen¬ 
den ist so Gelegenheit geboten, ihre religiösen Pflichten 
zu erfüllen. Man will aber sogar noch weiter gehen, indem 
man die Sitze und die Bühne so anbringt, dass sie leicht 
entfernt werden können. Der ganze Wagen bildet dann 
einen kleinen zusammenhängenden Saal, in welchem zur 
Belustigung der Passagiere getanzt werden kann. 
Zerbrochenes Glas, welches man heutzutage als ein 
fast wertloses Product ansieht, ist auf dem besten Wege, 
ein sehr gefragter Artikel zu werden. In Prankreich und 
in der Schweiz hat man nämlich angefangen, im Grossen 
Pflastersteine aus Glas herzustellen und zwar mit ausser¬ 
ordentlich gutem Erfolge. In Genf sind bereits mehrere 
Strassen mit der neuen Pflasterung versehen worden. 
Die einzelnen Steine sind von würfeliger Gestalt, und 
werden auf einer Betonbettung verlegt. Da ihre Kanten 
genau aneinander schliessen, brauchen die Fugen nicht 
besonders vergossen werden und lassen kein Wasser 
eindringen. Um den Pferden besseren Halt zu geben, 
wird die Oberfläche der Steine schachbrettartig mit 
Furchen versehen. In Lyon hat sich das Glaspflaster 
ebenfalls schon bewährt und auch Nizza beabsichtigt, 
dasselbe einzuführen. Die Glasscherben werden so weit 
erhitzt, dass sie gerade plastisch werden und dann in 
geeignete Formen eingedrückt, so dass sie die Form 
eines Ziegels annehmen. Durch das Verfahren geht zwar 
die Durchsichtigkeit verloren, aber die Widerstandsfähig¬ 
keit gegen Stoss und Bruch wird erhöht. 
Welche enorme Mengen Wasser die Stadt Berlin 
verbraucht, geht aus folgenden Zahlen hervor. Am 
3. März 1898 waren 24.662 Grundstücke an das Wasser¬ 
leitungsnetz angeschlossen, und dasselbe versorgte über 
D/2 Millionen Abnehmer. Während des Jahres 1897—1898 
wurden 49,882.328 Oubikmeter Wasser abgegeben, die 
sich etwa zu gleichen Theilen auf die Wasserwerke am 
Tegeler- und am Müggelsee vertheilten. Pro Kopf der 
Bevölkerung betrug der tägliche Wasserverbrauch 77,87 
Liter. Der grösste tägliche Gebrauch trat am 30. Juni 
1897 mit 202.385 Oubikmeter ein, während der geringste 
Verbrauch, nämlich 94.510 Oubikmeter, am 2. Jänner 1898 
stattfand. Auf den Kopf der Bevölkerung fiel am ersten 
Tage eine Wassermenge von 1151/4: Liter, an letzterem 
dagegen von 531/2 Liter. Das Leitungsnetz umfasst etwa 
860 Kilometer Röhrenleitungen, die im Durchmesser von 
40—1200 Millimeter schwanken. Der Ueberschuss, welchen 
die Wasserwerke lieferten, betrug circa 2,000.000 Mark. 
Die neueste Anwendung von Glas dürfte jedenfalls 
die Herstellung von Gas- und Wasserröhren sein. Es 
hat eine Firma in Port Allegani bei Bradfort inPensylvanien 
mit Erfolg Glasröhren für die Weiterleitung von Oel und 
selbst zur Herstellung von Canalisationsröhren verwendet. 
Die Glasröhren werden nicht durch chemische Ein¬ 
wirkungen zersetzt, und die vagabundierenden Ströme 
elektrischer Anlagen haben keinerlei schädlichen Einfluss 
auf sie. Es wird behauptet, dass Undichtigkeiten weniger 
häufig an den Glasröhren vorkämen als an eisernen. 
Ausstellungsbericht aus Frankfurt a/M. 
Die Dampfpflüge von John Fowler & Co. in Magdeburg 
waren auf der Ausstellung der Deutschen Landwirt- 
schafts-Gesellsehaft in Frankfurt a/M. vom 8. bis 
13. Juni 1899 in entsprechender Auswahl ausgestellt. Es 
wurden nämlich vorgeführt ein Fowler'scher Dampfpflug- 
Apparat des Zwei-Maschinen-Systems und ein solcher des 
Ein-Maseliine-Systems. Ferner an Dampfpflug-Geräthen ein 
gewaltiger Ein-Furchen-, sogenannter Meppen-Tiefrajol-Dampf- 
pflug für Furchen bis zu einem Meter Tiefe. Dies Geräth wird 
für extratiefe Rajolculturen für Obstbau-Anlagen, Hopfen- 
cultur, Korbweiden-Anlagen, Baumschulgärten, Haide- und 
Oedland-Culturen mit eisenhaltigen Ortsschichten im Unter¬ 
gründe zu Aufforstungen etc. bereits sehr vielfach mit grossem 
Erfolge in Verwendung genommen. Für Feldculturen, zum 
Zuckerrüben-, Cichorien-, Kartoffelbau etc. wurde ein Fowler- 
scher Tiefpflug für drei, repective vier Furchen von 12 bis 
14 Zoll Tiefe gezeigt. Ausserdem eine Fowler'sche Dampf- 
Grubberegge, auch Dampfkrümmer genannt, mit patentierter 
selbsttliätiger Hebevorrichtung, womit ermöglicht wird, auch 
die verunkrautesten Aecker zu bearbeiten, ohne die Gefahr, 
dass sich das Geräth beim Betriebe verstopft. 
Das obenerwähnte Fowler'sche Einmasehine-Dampfpflug- 
System wurde während der Ausstellungsdauer zu solchen 
Stunden, die auf dem Stande der Firma John Fowler & Co. 
zu erfahren waren, auf einem Felde des Hellerhofs, dicht am 
Ausstellungsplatze an der Idsteinerstrasse, in Thätigkeit ge-
	        
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