Volltext: IV. Jahrgang, 1899 (IV. JG., 1899)

Nr. 24. 
OBERÖSTERREICHISCHtC BAUZEITUNG. 
Seite 187. 
aber bei Staats- und Gemeindestellen keines wegs allein ma߬ 
gebend ist und sein darf. Das Submissionswesen hat nun 
allerdings, und man darf sagen „leider", dazu geführt, dass 
nur ein Unterbieten daraus hervorgieng, welches besonders 
beim Handwerkerstande unglückliche und traurige Ergeb¬ 
nisse lieferte. Können manche Geschäftsleute nicht rechnen 
und machen deshalb einmal unsinnig hohe Angebote, das 
andere Mal und auf manchen Gebieten regelmässig un¬ 
sinnig niedrige Offerten oder wissen manche auch, dass 
sie unsinnig niedriges Angebot machen, aber thun es 
doch, um mit der Lieferung oder Leistung Reclame für 
sich zu machen oder um sich durch die Anzahlung und 
Theilzahlung bare Betriebsmittel zu beschaffen, während 
sie für Material u. s. w. lange Crédité bekommen oder 
in Anspruch nehmen, so leiden in der Regel bei diesem 
Wettlaufe bei Vergebungen beide Theile, es leiden zu¬ 
gleich auch die Collegen und Ooncurrenten des Preis- 
verderbers und ebenso auch die Creditgeber des letzteren, 
wenn durch zu billige Lieferung .Schiffbruch' erfolgt. 
Zahlreiche Beweise liegen dafür vor, und es haben 
die Staats- und Gémeindestellen, wenn sie nicht Schaden 
erleiden wollten, dazu schreiten müssen, hohe Cautionen 
zu fordern, was wiederum dazu führte, dass kleine capital- 
schwache, aber doch ganz tüchtige Geschäftsleute von 
den Bewerbungen mehr oder weniger ausgeschlossen 
wurden oder dass ihnen solche mindestens erschwert 
wurden. Wenn es nun schon seit Jahren die Handwerker 
und kleineren Geschäftsleute, die das Submissionswesen 
deshalb beklagten, weil sie dabei von den Fabriken und 
cap i talkräftigen Ooncurrenten in der Regel überflügelt 
wurden, so mussten nunmehr diese Kreise erst recht 
Klage führen wegen der hohen Oautionen, die man von 
den Bewerbern zu fordern genöthigt war durch die 
mannigfachen bösen Erscheinungen. Aber die Handwerker 
sahen auch zugleich ein, dass mancher aus ihren Reihen 
aus den oben schon erwähnten oder anderen Gründen 
die Preise verdarb, selbst wenn es seinen Ruin zur Folge 
hatte, und so willigten sie gern in Vorschläge, die dahin 
giengen, nicht mehr dem niedrigsten Gebot den Zuschlag 
zu ertheilen, sondern einem der niedrigsten nach 
Befinden der vergebenden Stelle. 
Jedoch auch dieses vielfach eingeführte Verfahren 
scheint keine Besserung oder doch keine, wesentliche 
Besserung gebracht zu haben, es wird nach wie vor un¬ 
sinnig unterboten — andererseits durch Ringbildungen 
aber unsinnig überfordert — und die Behörden, die der 
gerechten Vertheilung von Vergebungen und Verdi ngungen 
halber und nicht wegen billigster Vergebung an der Sub¬ 
mission festhalten müssen, werden nach wie vor offen 
oder versteckt angeklagt oder getadelt. 
Jetzt hat man nun in Mannheim etwas neues be¬ 
schlossen und' wird es probeweise auf einige Jahre an¬ 
wenden, das zunächst eine gewisse Zustimmung in Hand¬ 
werker- und Gewerbekreisen fand, weil es nicht aus dem 
Kopfe eines Technikers oder Beamten, sondern aus dem 
eines der ihrigen stammt. Ein Mitglied des Stadtrathes 
(Barber) hatte schon vor einiger Zeit ein Mittelpreissystem 
entworfen und vorgeschlagen, und da dies Zustimmung 
der Gewerbetreibenden fand, führte man es nun ein. 
Nach diesem Systeme sollen alle Angebote auf Aus¬ 
schreiben von Leistungen und Arbeitslieferungen im Werte 
von 500 bis 5000 Mark, die 20°/o über oder 30°/o unter 
dem Vorschlage lauten, ganz ausfallen und von den 
übrigbleibenden Offerten soll die berücksichtigt werden, 
die dem Mittelergebnisse aller Offerten am nächsten liegt. 
Man nimmt an, dass dabei die Stadt Mannheim eine 
Mehrausgabe haben wird und hat solche auch für die 
künftigen Finanzvorschläge ins Auge gefasst, aber man 
hofft damit den vielen Klagen den Boden zu entziehen, 
die aus den Unterbietungen und deren Folgen entstanden 
waren und überall entstehen. Man hat gleichzeitig mit 
Einführung des Mittelpreissystems für Arbeiten im Werte 
von 500 bis 5000 Mark, die zur Submission ausgeschrieben 
werden, noch weitere Aenderungen des Vergebungs¬ 
wesens beschlossen und zwar: 
1. Handwerks-und Ar b eit s lie fer un gen über¬ 
haupt bis zum Werte von 500 Mark sollen an alle be¬ 
treffenden Gewerksmeister, die mindestens zwei Jahre in 
der Stadt ansässig sind, nach der Reihe freihändig 
vergeben werden, wenn die Bewerber sich meldeten und 
die von der Stadtbehörde aufgestellten Normalpreise und 
Bedingungen genehmigten; 
2. Materiallieferungen und Handelsproducte 
werden nur durch Submission an einen zuverlässigen 
Anbieter mit einer der Mindestpreisforderungen vergeben ; 
3. für Arbeiten im Werte von 500 bis 1000 Mark kann 
lediglich engere Submission stattfinden, doch müssen 
mindestens drei Geschäftsleute dazu aufgefordert werden ; 
4. bei Arbeitsleistungen von mehr als 5000 Mark 
kommt nur der Mindestfordernde oder einer der Mindest¬ 
fordernden in Betracht; 
5. Cautionen sollen bei den kleinen Lieferungen 
und Leistungen möglichst wegfallen; 
6. wo die Mittelpreismethode in Anwendung kommt, 
sollen alle Angebote unbeachtet bleiben, die dazu gemacht 
erscheinen, den Mittelpreis zu steigern. 
Eine zweijährige Probe wird zeigen, ob mit diesen 
Neuerungen eine Zufriedenheit zu erzielen ist oder welche 
Aenderungen sich noch nothwendig machen ; wird weiter 
zeigen, wie die Gemeindecasse dabei fährt und ob das 
Interesse der Steuerzahler nicht zum Nachtheil von Ringen 
und Cartellen geschädigt wird; wird aber auch zeigen, 
ob nicht unter den neuen Formen alle die Triebe bestehen 
bleiben, die dem Submissionswesen einen bösen Namen 
gemacht haben. 
Man kann auch bei Mittelpreisen nicht alle befriedigen, 
und wenn die Gemeinde auch die Opfer der unsinnigen 
Unterbietungen schon durch die Abweisung der 30°/o 
unter Voranschlag gebliebenen Angebote vermindert und 
beseitigt und noch mehr durch die Mittelpreise selbst zu 
beseitigen gedenkt, so beseitigt sie doch damit nicht die 
Unzufriedenen, die mit höheren oder niedrigeren An¬ 
geboten "als die Mittelpreise sind, Ausgefallenen. Die mit 
hohen Forderungen werden nach wie vor behaupten, sie 
hätten auch Besseres geleistet, wenn sie den Auftrag er¬ 
hielten, und die Wenigfordernden werden sagen, man 
wolle sie nur beseitigen, um freie Bahn für (zu) zu haben, 
aber man unterdrücke auch in ihnen die Intelligenz, die 
vortheilhafter zu arbeiten verstände. 
Die Arbeitsvergebungen werden das Schmerzenskind 
der Gemeindebehörde, die Rücksicht auf Steuerzahler und 
ortsansässige Gewerbetreibende nehmen will und muss, 
bleiben; das Problem erscheint auch nicht im Mittelpreise 
gelöst zu sein. VD. Gem.-Ztg." 
Aus den Gremeinderaths-Sitzungen in Linz. 
In der am 6. December 1. J. abgehaltenen Sitzung 
des Linzer Gemeinderathes wurden folgende Bauangelegen¬ 
heiten erledigt :
	        
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