Volltext: IV. Jahrgang, 1899 (IV. JG., 1899)

Seite 90. OBERÜSTBKRF/IC} 
Stellung. Er wirft sich wohl die Frage auf, wie es mög¬ 
lich sei, solche Massen von Eisen und Stahl in ein Gewirr 
von Balken, Stäben und Streben aufzulösen, beziehungs¬ 
weise in so innige Verbindung zu bringen, dass der er¬ 
forderliche Grad von Sicherheit erreicht werde; von der 
hierzu nothwendigen Exactheit aber erhält der Laie 
schwerlich den richtigen Begriff. Ihm erscheint es un¬ 
glaublich, dass bei der Grösse der einzelnen Gonstructions- 
glieder alles und jedes auf Millimeter stimmen müsse; 
er erwägt nicht, dass die Uebertragung selbst winziger 
Abweichungen vom mechanischen Resultate auf lange 
Bauglieder, beziehungsweise auf das ganze zu bestellende 
Feld sehr bedeutende Differenzen ergeben würde, wozu 
noch die Einwirkungen der Temperatur als complicierender 
Factor hinzukommen. 
Die aussergewöhnliche Höhe mancher Brücken bauten, 
ist vom technischen Standpunkte selbstverständlich irre¬ 
levant, wenn sie zur Steigerung des äusseren Effectes 
wesentlich beiträgt. Ist die Brücke nicht nur sehr hoch, 
sondern weist sie zugleich beträchtliche Spannweiten auf, 
so vermittelt sie das Bild einer kühnen und grossartigen 
Anlage in besonders wirkungsvoller Weise. 
Aber dies sind ganz zufällige Momente; denn es gibt 
Bauten dieser Art, welche, trotzdem sie im technischen 
Sinne als Kunstwerke gelten müssen, den an sie zu 
stellenden ästhetischen Anforderungen durchaus nicht 
entsprechen. Auch das Bedürfnis mancher Constructeure 
nach effectvoller Schaustellung muss vielfach der durch 
örtliche Verhältnisse sich ergebenden Zwangslage ge¬ 
opfert werden. 
Dies gilt vornehmlich von den amerikanischen und 
neuerdings von einigen englischen Brückenbauten. Dort 
waren die Riesenströme Mississippi und Missouri wie ge¬ 
schaffen, die Unternehmungslust und Leistungsfähigkeit 
der Techniker herauszufordern. Zudem tritt durch das 
Ueberwiegen praktischer Bedürfnisse das ästhetische 
Moment m eisten theils ganz in den Hintergrund. Als ver¬ 
fehlt muss die Absicht bezeichnet werden, durch An¬ 
bringung sogenannter „künstlerischer Zuthaten" (Orna¬ 
mente, Maßwerke und dergleichen) das fehlende ästhe¬ 
tische Element zu ersetzen. Man verkennt hierbei den 
angestrebten Zweck und gibt dem Bauwerke den Schein 
von etwas anderem als es ist. Als Grundsatz hat zu 
gelten : Decoriere die Construction, aber construiere 
niemals eine Decoration. Ueberdies ist zu beachten, dass 
das Zweckmässige bis zu einem gewissen Grade auch 
schön sein kann, während die augenfällige Unzweck- 
mässigkeit immer zugleich unkünstlerisch ist. 
Was das Material anbelangt, so unterscheiden wir 
Brücken von Eisen und Stahl. Eine Combination von 
Stein und Eisen findet rücksichtlich der Gesammtanlage 
einer Brücke in dem Falle statt, wenn das eiserne Trag¬ 
werk auf steinernen Pfeilern ruht. In Europa ist dies 
der normale Typus, obwohl in letzter Zeit grosse Brücken¬ 
bauten ganz aus Eisen, beziehungsweise Stahl hergestellt 
wurden. Der eiserne Brückenpfeiler hat seine weitest¬ 
gehende Anwendung in Nordamerika gefunden. Zwar 
lehnte man sich hier ursprünglich an europäische Vor¬ 
bilder an, die örtlichen Verhältnisse aber, sowie das den 
Amerikanern innewohnende Bestreben, selbst solche 
Hindernisse, welche aller menschlichen Kraft zu spotten 
scheinen, zu bewältigen, brachten diesen technischen 
Zweig zu einer Entwicklung, welche wahrhaft staunen¬ 
erregend ist. Die Amerikaner haben es verstanden, durch 
Herstellung von in sich selbst versteiften „Thurmpfeilern" 
BAU ZEITUNG. Nr. 12. 
Brücken in bedeutenden Höhen zu legen und diesen 
Bauwerken trotz ihrer scheinbaren Gebrechlichkeit eine 
grosse Stabilität zu verleihen. Die Krone aller amerika¬ 
nischen Brückenbauten bilden die eisernen Trestle Works, 
wie solche besonders für die Eisenbahnen in der Union 
t}^pisch geworden sind. 
Nachstehender, vom Justiz ministèri uni ausge¬ 
arbeitete Gesetzentwurf bildet die Basis der in dieser 
Angelegenheit zu veranstaltenden Enquete: 
Gesetzentwurf, betreffend die Sicherstellung 
der Bauforderungen.*) 
§ 1. Die baubehördliche Bewilligung zum Neubaue 
eines Wohngebäudes ist nach eingetretener Rechtskraft 
von der Baubehörde dem Grundbuchsgerichte mitzutheilen. 
§ 2. Das GrundbuchsgerLcht hat die Baubewilligung 
im Grundbuche anzumerken (Bauvermerk). Bildet die 
dem Baue gewidmete Liegenschaft nur einen Theil eines 
Grundbuchskörpers, so ist dieselbe abzuschreiben und in 
eigene Einlage einzutragen; bedarf , es zu dieser bücher¬ 
lichen Grundtheilung eines geometrischen Planes, so ist 
derselbe auf Kosten des Grundeigentümers, zu beschaffen. 
Das Grundbuchsgericht hat ferner die Feststellung des 
Wertes der Baustelle unter Zuziehung der erforderlichen 
Sachverständigen vorzunehmen. Hiezu sind nebst dem 
Eigenthümer der Liegenschaft alle Personen, für welche 
hierauf bürgerliche Rechte haften, behufs Wahrung ihres 
Interesses zu laden. 
Die Kosten der Wertermittlung hat der Eigenthümer 
zu tragen. 
Der rechtskräftig festgestellte Wert ist im Grund¬ 
buche ersichtlich zu machen. 
Bevor der Baubehörde die erfolgte Berichtigung oder 
Sicherstellung der in den iVbsätzen 1 und 3 erwähnten 
Kosten nachgewiesen ist, darf der Bau nicht in Angriff 
genommen werden, jedoch unbeschadet der etwaigen 
vorgängigen Gestattung einzelner Bauarbeiten durch die 
Baubehörde. 
§ 3. Auch die baubehördliche Bewilligung zur Be¬ 
nützung des hergestellten Wohngebäudes ist von der 
Baubehörde dem Grundbuchsgerichte mitzutheilen. 
Das Grundbuchsgericht hat die Benützungsbewilligung 
im Grundbuche anzumerken. 
§ 4. Binnen zwei Monaten nach der bücherlichen 
Anmerkung der Benützungsbewilligung sind alle unbe- 
richtigten Bauforderungen unter genauer Angabe der 
einzelnen Leistungen und ihrer Werte und unter Vorlage 
der zu ihrer Bescheinigung dienenden Urkunden bei dem 
Grundbuchsgerichte schriftlich oder mündlich zu Protokoll 
anzumelden. 
Als Bauforderungen gelten: 
a) Die Geldforderungen, welche, den Baugewerbe¬ 
treibenden als Vergütung für Arbeiten zustehen, die sie 
vertragsmässig für Rechnung des Grundeigenthümers zu 
dem betreffenden Baue geleistet haben. Wofern der Grund¬ 
eigentümer die Bauführung einem hiezu berechtigten 
Gewerbsinhaber mit der Ermächtigung übertragen hat, 
den Bau für Rechnung des Eigentümers zu leiten, muss 
diese Ermächtigung im Grundbuche angemerkt werden; 
*) Wir verweisen unsere geehrten Leser auf den Artikel „Das 
Vorzugspfandrecht für Bauforderungen" in letzter Nummer dieses Blattes. 
Die Redaction.
	        
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