Volltext: IV. Jahrgang, 1899 (IV. JG., 1899)

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mehr an Verbreitung, nur fehlt die Betriebskraft da, 
wo der geringe Umfang des. Geschäftes und mangelnde 
Capitalskraft die Dampfmaschinen-Anlage verbot. 
Auch hier kam der Erfindungsgeist dem Handwerke 
entgegen durch Beschaffung der Gaskraftmaschine. Diese 
Motoren für den Kleinbetrieb, in Verbindung mît den 
Arbeit s m as chin en, mit ihren beschleunigten exact en | 
Leistungen, si'è sind imstande, dem Kleingewerbe die 
verloren gegangene Zuversicht wieder zu geben, sich 
concürrenzfähig zu machen und zu erhalten, denn solche 
Hilfsmittel, eine Vervollständigung im Ersätze des bisher 
üblichen Handwerkszeuges, sind auch dem Kleingewerbe 
nicht unerschwinglich. — Nach dieser Seite hin ist also 
die Gewähr gegeben für die gedeihliche Fortentwicklung 
des Kleingewerbes; der unentbehrlich gewordenen Gross¬ 
industrie tritt die Kleinmaschine in Verbindung mit der 
dabei mehr zur Geltung kommenden, das Geschaffene 
mehr veredelten Handgeschicklichkeit zur Seite, und ! 
sichert dem Gewerbsmanne seinen berechtigten Antheil 
an der Deckung des allgemeinen Bedarfes zu. 
Das mag für den wohl unbequem erscheinen, der 
sich von den althergebrachten Anschauungen nicht los¬ 
machen mag; unsere Zeit erfordert aber — und man darf 
feie darum nicht schelten — Rührigkeit und Geschäfts¬ 
verständnis. Nur wer zugreift mit kräftiger und ge¬ 
schickter Hand, ist unserer Zeit gewachsen, ist der rechte 
Mann, der Aussicht hat auf Ersatz für Mühe und Arbeit. 
Zugreifen gilt es, aber mit geschickter Hand, mit 
h èli e m Auge und festem ausdauernden, auf das Fach 
mit Liebe gerichtetem Willen. Diese drei Dinge bilden 
die immer wankende Grundlage gedeihlichen Fortkommens. 
Was jahrelanges Heben, Schaffen und Erfinden auf dem 
Gebiete des Handwerkes ausprobiert und bewährt gefunden, 
liegt offen vor aller Welt, und steht allen zur Ausnützung 
zu Gebote. M. 
Der Brand eines New-Yorker Riesenhauses. 
Wiederholt haben wir uns mit der Technik jener 
riesenhaften Gebäude beschäftigt, wie sie in den Gross¬ 
städten Nordamerikas bis zur Höhe gewaltiger Kirch- 
thürme aufgetrieben werden, Gebäude, die weniger mit der 
Architektur als mit dem Eisenbau, dem Brückenbau und 
dem Hallenbau zu thun haben. Die tragenden Theile sind 
in ihnen durchgängig Eisen oder vielmehr Stahl und Stein, 
Oementmörtel und gebrannte Ziegel, trotzdem aber sind 
in der Auskleidung und der Einrichtung soviel Holztheile 
enthalten, dass ein entstehender Brand genügend Nahrung 
finden würde. Es ist nun von höchster Wichtigkeit, zu 
wissen, ob Stahl und Stein einem solchen gegenüber 
standhalten, oder ob sie ihre Festigkeit einbüssen würden, 
so dass ein Zusammensturz erfolgt, und mehr als alle 
Berechnungen und Vorsichtsmaßregeln sind die Er¬ 
fahrungen zu schätzen, welche man bei dem ersten grossen 
Brande eines solchen Himmelskratzers sammeln kann, ein 
Ereignis, dem allerdings mit besonderem Bangen entgegen¬ 
gesehen werden musste. Es hat bereits stattgefunden und 
befiel das 16 Stockwerke hohe Gebäude der Versicherungs¬ 
gesellschaft in New-York. W.Linse macht über dies Er¬ 
eignis sehr interessante Mittheilungen in „Stahl und Eisen". 
Die inneren Löschvorrichtungen, welche in all diesen 
hohen Gebäuden vorhanden sind, versagten aus dem 
Grunde nach einiger Zeit, weil das bereits zur Verwendung 
gekommene Wasser durch die Aufzugsschächte in das 
Kellergeschoss geflossen und dort so hoch gestiegen war, 
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dass das Feuer unter den Kesseln erlosch und der Pumpen¬ 
betrieb eingestellt werden musste. Es mag wohl für den 
Leiter der Löschoperationen, den Chef Bonner der New- 
Yorker Feuerwehr, eine aufregende Zeit gewesen sein, 
seine Leute in dem oben brennenden Gebäude oder dessen 
Nähe zu wissen, denn der Verlust .der Tragfähigkeit der 
inneren, aus Stahl bestehenden Stützen, Unterzüge und 
Deckenträger würde unzweifelhaft den ganzen oder theil¬ 
weisen Einsturz des Gebäudes verursacht und unabseh¬ 
bares Unglück im Gefolge gehabt haben. Der gigantische 
Riesenbau ist aus diesem Kampfe mit den Elementen 
siegreich hervorgegangen und steht stolz, in der tragenden 
In ne h construction nahezu unversehrt, rauchgeschwärzt 
neben seinem in Trümmer liegenden Nachbar. Verluste 
an Menschenleben sind nicht zu beklagen ; ausser einigen 
geringen Verletzungen von Feuerwehrleuten ist das Brand¬ 
unglück ohne Unfall verlaufen. 
Das Gebäude der Home-Versicherungsgesellschaft 
wurde im Jahre 1893 nach dem Stahlrahmensystem er¬ 
richtet ; eine Ausnahme macht die am Broadway gelegene 
Hauptfront, welche selbsttragend aus Granit und Marmor 
mit Ziegelhintermauerung hergestellt ist. Das Verblend¬ 
material dieser Front, obschon dem Feuer am wenigsten 
ausgesetzt, hat am meisten gelitten. Die aus den Fenstern 
schlagenden Flammen verursachten ein Bersten der Säulen, 
Gesimse, Balkone u. s. w., sodass diese sich lösten und 
in die Tiefe stürzten. Die bereits häufig gemachte Er¬ 
fahrung, dass Naturstein im Feuer durchwegs • ein 
schlechtes Verhalten zeigt, wurde in diesem Falle erneut 
bestätigt. 
Die inneren T förmigen Stützen aus Stahl waren mit 
porösen feuerfesten Hohlsteinen bekleidet, darauf starker 
Putz ; denselben Feuerschutz besassen die genietheten 
Unterzüge. Bei einem geringeren Theile der letzteren 
waren die Unterfiantsehen mit dickem Putze umhüllt, in 
welchem Streckblech eingebettet lag. Die Zwischendecken 
bestanden durchwegs aus hartgebrannten Thonhohlsteinen 
von 25 bis 30 Centimeter Stärke, welche über und unter 
die Flantschen der Deckenträger griffen. Das Verhalten 
dieser feuergeschützten Eisenconstructionen ist nach 
sämmtlichen Besprechungen des Brandes in der Fach¬ 
presse ein ganz vorzügliches gewesen. 
Sämmtliche innere Stützen stehen vollständig senk¬ 
recht und zeigen keine Verwerfungen, nur zwei Haupt- 
träger im 15. Stock, welche sich aus besonderen Gründen 
einige Centimeter geworfen haben, müssen erneuert 
werden. 
Die zu den Ummantelungen verwendeten porösen 
feuerfesten Hohlsteine zeigen nur an wenigen Stellen 
Abplatzungen. Die Erwärmung des verkleideten Eisens 
muss eine sehr geringe gewesen sein, denn nach Ent¬ 
fernung der Schutzsteine zeigt sich noch der Mennige- 
Anstrich. Der Streckblechputz hat sein so gutes Ver¬ 
halten gezeigt; an mehreren Stellen, namentlich in dem 
obersten Stockwerke, hat sich derselbe gelöst, anscheinend 
jedoch lange genug genügenden Widerstand geleistet, da 
die Träger ein befriedigendes Verhalten zeigen. Von den 
gesammten Deckenträgern sind etwa ein Dutzend zu er¬ 
neuern ; dieselben befinden sich im oberen Stockwerke 
unter dem Dache, wo jedenfalls eine bedeutende Wärme¬ 
ansammlung stattgefunden hat. 
Die Zwischendecken selbst sind nur an zwei Stellen 
im . 15. Stockwerke durchbrochen, an einer Stelle erfolgte 
der Durchbruch in einer Länge von 4*90 Meter durch 
eine umgestürzte Zwischenwand, an einer anderen Stelle 
OB E ROS TE R REÍ C HIS CHE B A U Z E ITU N G.
	        
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