Volltext: IV. Jahrgang, 1899 (IV. JG., 1899)

p^iStgììgtenìjji^^ 
IV. Jahrgang, Nr. 20. 
Linz, 15. October 1899. 
Oberösterreichische Banzeitnng 
Zeitschrift für Bauwesen. 
Redaction und Administration: LINZ, Mozartstrasse 28. — Herausgeber und Verleger: Eduard Kornhoffer. 
a 
Man pränumeriert auf die OBEROSTERREICHISCHE BAUZEITÜNG: 
j ganzjährig mit fl. 10.— „ < ganzjährig mit . fl. 8 
für die halbjährig . . „5.— für halbjährig ... „4 
Provinz . ^ Loco . ^ . . 
\ vierteljahrig . „ 2.50 l vierteljahrig . . „2 
Erscheint am 1. und 15. 
raEEÜBEEEEEEEEE 
INSERATE und OFFENER SPRECHSAAL laut aufgelegtem billigsten 
Tarif werden angenommen: Bei der Administration der „Ober¬ 
österreichischen Bauzeitung", Linz, Mozartstrasse 28, ferner bei 
allen grösseren Annoncen-Expeditionen des In- u. Auslandes. Eventuelle 
Reclamationen und Beschwerden direct an uns erbeten. 
Inhalt. Der Lauf der Donau. — Arbeiter-Unfallversicherung. — Beton 
als Baumaterial der .Zukunft. (Schluss.) — Von der Pariser Weltausstellung 
1900. I. — Aus den Gemeinderatlis-Sitzungen in Linz. — Local-Baunotizeu. 
— Briefkasten. — Offene Stellen. — Angesuchte Baulicenzen in Linz. — 
Anmeldungen für Wasserbezug. — Inserate. 
Der Lauf der Donau. 
Von weiland Ingenieur Lan franco ni Enea. 
Zufolge der letzten Hochwasser-Katastrophe dürfte 
nachstehender Artikel unseren geehrten Lesern hohes 
Interesse bilden. 
Um ein klares Bild, ein richtiges Urtheil über den 
heutigen Lauf der Donau zu gewinnen, müssen wTir uns 
geistig in jene geologische Periode zurückversetzen, welche 
am Schlüsse der tertiären Zeit eintrat, und durch ihre 
kolossalen Erscheinungen die Glacialperiode genannt wird. 
Aehnlich dem heutigen Zustande der südlichen Erd¬ 
halbkugel war damals die nördliche Hemisphäre so über¬ 
flutet", dass alle Meere und stehenden Gewässer den 
heutigen Stand um mindestens 200 Meter überragten. 
Während Europa einen Complex von zahlreichen Inseln 
und Halbinseln repräsentierte, zeigte Süddeutschland und 
Oesterreich-Ungarn annähernd das Bild des heutigen 
canadischen Nordamerika. See an See, durch längeren 
oder kürzeren Flusslauf verbunden, folgte entlang der 
heutigen Donau. Ein von West nach Ost gestrecktes 
Seebecken bedeckte die Hochebene Württembergs und 
Baierns. Ein Flusslauf, entsprechend der Felsenrinne 
Passau — Linz, verband diesen mit dem kleinen See 
von Ober Österreich; die Flussrinne Grein — Krems 
setzte letzteres mit dem grösseren niederösterreichischen 
See, dem Wiener Becken, in Verbindung, welches von 
den Alpen Steiermarks bis in das Herz von Mähren nach 
Brünn reichte. Die Felsenenge Hainburg — Pressburg 
brachte das Wiener Becken mit dem oberungarischen 
See, der sich bis Gran erstreckte, in Verbindung, der 
von den Ausläufern der Karpathen bis zu den serbischen 
Gebirgen, von Kaschau bis Bazias, reichte. Ein Gebirgszug, 
120 Kilometer breit, zwischen Bazias und dem eisernen 
Thore, schied ursprünglich diesen See von den daco- 
mysischen oder rumänischen Seebecken, das unmittelbar 
in das politische Meer übergieng. 
Mit der alhnähligen Entflutung der nördlichen Halb¬ 
kugel fiel auch der Wasserspiegel der Meere und der 
mit diesen verbundenen Seebecken. Eine nothwendige 
Folge dieses Umstandes war das Entstehen von Katarakten 
in den verbindenden Flussläufen, deren Erosionswirkung 
die Bildung von tief eingerissenen Flussthälern und der 
schliessliche Abfluss der Seebecken zugeschrieben werden 
muss, auf ähnliche Weise, wie der beständig rück¬ 
schreitende Wasserfall des Niagara den unvermeidlichen 
Abfluss des Eriesees in den Ontariosee, somit die endliche 
Trockenlegung dieses Seebeckens mit sich führen wird. 
Die Hypothese der Thalbildung durch Katarakte findet 
im Laufe der Donau ihre volle Bestätigung, wie ich diés- 
bezüglich des Mittel- und Unterlaufes nachweisen werde. 
Nach der Trockenlegung der Seebecken, beziehungs¬ 
weise Umwandlung ihres Ablaufes in ein zusammen¬ 
hängendes Stromgerinne, musste eine neue Reihe von 
Erscheinungen zutage treten; theils eine zerstörrende 
Thätigkeit des Wassers, Unterwaschung und Abnagung 
der Uferränder, Vertiefung der Rinnsale; theils eine auf¬ 
bauende Thätigkeit: die Bildung von Inseln und Auen, 
infolge der Ablagerung von Alluvialgebilden, Thonen, 
Sanden und Gerollen, welche aus der Zerstörung der 
Gesteine und Wegführung unterwaschener Schotterlagen 
herrühren. Beide Erscheinungen offenbaren sich deutlich 
an der Donau und bedingen die beständig fortschreitende 
Veränderung ihres Laufes und damit nothwendig ver¬ 
knüpften Schiffahrtshindernisse. Der Lauf jedes fliessenden 
Wassers ist das Ergebnis seiner mechanischen Arbeit, 
also der Schwerkraft selbst, die das Wasser zwingt, den 
möglichst tiefen Stand einzunehmen. Schwer zerstörbare 
Felsenarten hemmen, lockere Bodenarten befördern den 
Lauf des Wassers und übergeben ihm eine grössere oder 
geringere Menge von Massentheilchen zur Fortführung. 
Die lösende Wirkung der beigemengten Kohlensäure, 
des kohlensauren Ammoniaks und anderer organischer 
Stoffe, kommt nur nebenbei in Betracht, doch weit be¬ 
deutungsvoller ist ein Moment, das den Lauf grosser 
Ströme bestimmt, das ist der Einfluss der Rotation der 
Erde. Schon im Jahre 1850 hat der russische Natur¬ 
forscher Baer nachgewiesen, dass ein Strom, der sich auf 
der nördlichen Hemisphäre von Nord nach Süd bewegt, 
mit der geringeren Rotationsgeschwindigkeit der nörd¬ 
lichen Breite in eine Strecke des Bettes gelangt, welche 
sich in südlicher Breite, demnach in grösserer Umdrehungs¬ 
geschwindigkeit befindet. 
Daher bleiben die Wassertheilchen um ein ver¬ 
schwindend Geringes, in der grossen Masse aber doch 
Wirksames zurück, dringen gegen die rascher bewegten 
festen Theile des rechten Ufers und greifen sie mit er¬ 
höhter Kraft an. Während also ein von Nord nach Süd 
strömender Fluss gegen das rechte westliche Ufer ge¬ 
drängt wird, so weicht ein von Süd nach Nord fliessender 
Strom, der aus grösserer in geringere Umdrehungs¬ 
geschwindigkeit gelangt, gegen das östliche, gleichfalls 
rechte Ufer aus, wie dies in der That bei allen sibirischen
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.