Volltext: IV. Jahrgang, 1899 (IV. JG., 1899)

Nr. 18. 
OBERÖSTERREICHISCHE BAUZEITUNG. 
Seite 141. 
Gothik, gegenüber. Sie als Basis einer neuen nationalen 
Kunstblüte zu betrachten, schien ihm jetzt undenkbar; 
darin hat er Recht behalten. Nur einmal, als er die 
Brüder Boisserée und deren Freunde kennen lernte, 
begeisterte Anhänger der Gothik und der Romantik, 
kehrte er mit bemerkenswerter Wärme zu den freude¬ 
vollen Neigungen seiner Strassburger Tage zurück. Der 
Verkehr mit Sulpiz Boisserée, der ihm sorgfältig aus¬ 
geführte Zeichnungen des Kölner Domes vorlegte und 
ihm die ersten Tafeln seines Werkes über den Strass¬ 
burger Dom vorlegte, regte ihn lebhaft an. Diesen An¬ 
regungen verdankt der zweite Aufsatz über Deutsche 
Baukunst (1823) sein Entstehen. In „Wahrheit und 
Dichtung" ist hierüber mehreres anschaulich zu lesen. 
Wie anders erscheint Goethe in diesem zweiten Auf¬ 
satze. Er schrieb ihn, nachdem er die Ruine des Kölner 
Doms an der Seite des Staatsministers von Stein be¬ 
sichtigt. Als in die Hüttengeheimnisse Eingeweihter freut 
er sich, nach 50 Jahren zur jetzigen Klarheit gelangt zu 
sein, dass er sich trotzdem seines Aufsatzes vom Jahre 
1773 nicht zu schämen brauche, der „etwas Amphi- 
gurisches in seinem Stil bemerken lasse". Der Dichter 
des Faust war Classiker geworden. 
Aus den lodernden Flammen'herzjunger Begeisterung 
war ihm das lichte Gold reifen Könnens geworden. Der 
Altmeister fühlte, was uns heute allen aufgegangen ist: 
Die Gòthik war der Ausdruck ihrer Zeit, wie jede andere 
Kunst. Darum wollen wir, dass die Baukunst unserer 
Tage uns selbt, unser Thun und Lassen, unser Können 
durch von uns geschaffene Formen repräsentieren muss, 
die -künstlerische Gestaltung und Stilisierung muss aus 
dem modernen Empfinden heraus ihre Lösung finden! 
Strassburg, Ende August 1899. Th. Schumann. 
Local-Baunotizen. 
I)ie Rafael Donner'sche St. Johannes-Statue in Linz. 
Die Ueberstellung der St. Johannes-Statue sammt Nische 
vom Niklas'schen Hause in der Harrachstrasse nach der 
Stadtpfarrkirche ist nun erfolgt, und wollen wir die 
Restaurierungsarbeiten an diesem Kunstwerke einer 
kurzen Prüfung unterziehen. Am schwierigsten dürften 
sich für den dazu berufenen Bildhauer die Neuherstellung 
der fehlenden drei Finger an der Figur, das Zumachen 
der durch Pflanzenwuchs und Witterungseinflüsse ge¬ 
öffneten Stoss- und Lagerfugen, sowie die Instandsetzung 
der schadhaften Nebenfiguren, gestaltet haben, da alle 
diese Theile ihre Ursprünglichkeit erhalten mussten, sollte 
das Kunstwerk nicht an seinem Werte Einbusse erleiden. 
Auch die ganzen Reinigungsarbeiten an der Figur und 
an der Nische erforderten eine kunstgerechte Behandlungs- 
weise, um das Hervortreten aller plastischen Theile zu 
ermöglichen, und der ganzen Darstellung neues Leben 
einzuhauchen. Mit welcher Vorsicht die Abtragung des 
Kunstwerkes vorgenommen werden musste, um nicht 
den kleinsten Schaden zu nehmen, lässt sich ermessen, 
und wareil hierbei grosse Schwierigkeiten zu überwinden. 
— In welcher Weise . die hiesige Firma Jos ç,f Lin s er 
& Söhne als Ersteherin dieser Ausführung ihrer Aufgaben 
gerecht zu werden verstand, wird jeder Kunstverständige 
ermessen können, wenn er das plastische Werk jetzt be¬ 
trachtet, •. das schön drohte, der Verwitterung gänzlich 
anheimzufallen. Die Firma Linser & Söhne erhielt für 
die Abtragung, Restaurierung und Wiederaufstellung der 
Figur sammt Nische! von der Stadt gemeinde Linz 1000 fl., 
ein Betrag, den nur ein ambitiöser Plastiker, der sein 
Können gerne der kirchlichen Kunst weiht, und auch in 
Linz etwas davon zeigen wollte, acceptieren konnte. Den 
Wert des Hauptgegenstandes an dem Kunstwerke, der 
Figur des heiligen Johannes nämlich, fassen wir in 
Folgendem zusammen : Das demuthsvoll gesenkte Hauptr 
der Mund, der die tröstenden Worte Johannes: „Ich bin 
die Auferstehung und das Leben", zu sprechen scheint, 
der Hals, der Schwung der Haare, ja die ganze propor¬ 
tionierte Körperbildung im faltigen Gewände sind von 
einer Vollkommenheit, die alle Schöpfungen Rafael 
Donners auszeichnen, und die daher jedem Gebildeten, 
so lange es nur möglich ist, erhalten bleiben müssen. 
Der Stadtbehörde ist es daher zu danken, das plastische 
Kunstwerk dem Verfalle entrissen zu haben. 
Holzarbeiten. Die Herstellung der sämmtlichen 
Fenster und Thür en zum neuen Administrations-Gebäude 
der k. k. Staatsbahn in Linz hat die Fenster-, Thüren- 
und Fussboden-Fabrik von L. & R. Höfler in Mödling 
bei Wien erhalten. 
Canalisierungs - Arbeiten. Die Ausführung des 
Krankenhaus-Canales (Voranschlag 19.000 fl.) wurde clem 
Baumeister Herrn Josef Simon übertragen. 
Planskizzen. Das Comité zur Erbauung eines Lehrer¬ 
heimes in Linz hat gegen Honorierung die O ber öster¬ 
reichische Baugesellschaft, den Architekten Herrn 
Raimund Jeblinger, sowie den Director der Staats- 
Hand werker schule Herrn Franz Schiefthaler einge¬ 
laden, Planskizzen für das zu erbauende „Lehrerheim" 
auszuarbeiten. 
Neues Klostergebäude. Die Ehrwürdigen Schwestern 
der Ursulinerinnen lassen in Urfahr (Pflaster) ein neues 
Klostergebäude aufführen, das zwei Stockwerke und 
30 Meter Länge erhalten wird. Mit der Herstellung des 
Gebäudes wurde der Baumeister Herr Josef Erti aus 
Hörsching betraut. 
Bau einer Turbinenanlage. Die k. k. Eisen- und 
Blech-Fabriksgesellschaft „Union" in Johann Adolfhütte 
(Steiermark) hat den Bau ihrer neuen Francis-Turbinen¬ 
anlage der Specialfirma für Wasserbauten Ackermann 
& M adii e in Klagenfurt-Linz übertragen, und wird mit 
diesem Baue demnächst begonnen. 
Oberösterreiehischer Baumeisterverein. Am 30. v. M. 
fand im Gasthofe „zur Austria" die Sitzung des Comités 
zur Statutenberathung des vorgenannten Vereines statt, 
und nahm dieselbe folgenden Verlauf. Herr Weikl be- 
grüsst um halb 8 Uhr abends die anwesenden Herren 
Steinberger, Bauer, Menhart und Hölzl, und gibt bekannt, 
dass Herr Áichinger sein Ausbleiben entschuldigt hat. 
Sodann schreitet derselbe zur Wahl des provisorischen 
Vorstandes und des provisorischen Schriftführers. Als 
provisorischer Vorstand wird Herr Gustav Steinberger, 
und als provisorischer Schriftführer Herr Wilhelm 
Bauer gewählt. Herr Steinberger übernimmt den Vorsitz 
und fordert Herrn Bauer auf, den verfassten Statuten¬ 
entwurf zu verlesen. Herr Bauer verliest den Statuten¬ 
entwurf und wird derselbe nach längerer Debatte ge¬ 
nehmigt. Weiters wurde beschlossen, die Statuten durch 
Herrn Dr. Ruckensteiner bei der k. k. Statthaltern ein¬ 
zureichen. Um 11 Uhr nachts erfolgte nach den üblichen 
Dankesworten des Vorsitzenden Schluss der Sitzung. .Am 
2. d. M. überreichte Herr Dr. Ruckensteiner die Statuten 
bei der hohen k. k. Statthalterei in Linz zur Genehmigung. 
Wasserleitungs-Anlage. Die Direction der k. k. 
Staatsbahn in Linz hat dem hiesigen Installations-Geschäft
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.