Volltext: Illustrierte Kriegsbeilage Nr. 18 1915 (Nr. 18 1915)

Nun geht der Bruder mit langsamen, 
schwachen Schritten an ihrer Seite und 
freut sich kindlich, so manchen lieben, 
trauten Ort, an dem er als Kind froh 
und glücklich gewesen, wiederzusehen. Everl 
schlägt das Herz bis zum Halse hinauf 
— wie wird die Mutter den Andres 
empfangen? 
Sie kommt in den Hof, doch dort 
wird ihr ein freudiger Anblick. Die Tür 
ziert ein Kranz aus Blumen und Eichen- 
blättern, und vor ihr steht die Mutter 
mit dem glücklichsten Gesicht, das Wohl 
zur Stunde im ganzen Latschenbühel 
zu finden ist. 
Und die eilt nun dem Andres ent¬ 
gegen, schließt ihn in ihre Arme und 
flüstert und sagt ihm — doch laut genug, 
daß es Everl hören kann — ins Ohr: 
„Heut' hast wieder heimg'sunden zu 
mir — als mei lieber Sohn!" 
Würg und Wfarrkirche Liechtenstein. 
geglaubten, aber aufs neue und bessere geschenkten Sohn 
zu empfangen!" 
Weinend verläßt die Riedhoferin nach dem Hochamt 
das Gotteshaus. Aber bevor sie deu Heimweg antritt, 
gibt sie dem bei der Kirchenpforte stehenden Mesner 
noch den Auftrag: 
,,^ag' der Everl, sie möcht', wenn s' auf Mittag 
nach Haus geht, den Andres mitbringen!" 
Beklommenen Herzens führt eine Stunde später 
Everl den heimgekehrten Bruder dem Vaterhaus ent¬ 
gegen. 
An sie hat Andres geschrieben, daß er nach Sankt 
Jakob komme. Kommen müsse — es hätte ihm keine 
Ruhe mehr gegeben. Ein einziges Mal noch wolle er 
die teure Heimat sehen, für die er gekämpft und die er 
so oft — ach, so oft tm Traum erschaute, mitten im 
tosenden Geschützdonner der Schlacht, wie auf einsamen 
nächtlichen Wachtposten immer und immer wieder. 
Und daß er gerade in all der Kriegsnot und um¬ 
lauert von einem tausendfach drohenden Tod erkannt 
habe, wie sehr er durch sein einstiges leichtsinniges und 
müßiggängerisches Lehen an der Heimat wie an Mutter 
und Schwester gefehlt hätte. 
Kirchlein Maria am Anger vei Knns 
Gnadenstatue in Maria Laah (Hverösterreich)
	        
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