Volltext: Nr. 30 (30. 1919)

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Jüdische Nachrichten 
JNr. 30 
welche geschäftliche Beziehungen zu treten." Andrerseits 
gewährten sie 1401 eingn Schutz- und Schirmbriei auf 
alle „Judischhait zu der Neustadt, Neukirchen, hiedies- 
halb des Semmerings und Österreich unter und ob der 
Enns seßhaft" und "bestätigten ihre Privilegien.7 Frei¬ 
lich ist der Inhalt dieser Handfeste nicht bekannt. 
Albrecht V. (1411 — 1439) schrieb ain 9. Jänner 1415 
eine besondere Steuer auf alle Juden in Österreich ob 
und unter der Enns in unbekannter Höhe aus. Ferner be¬ 
willigte er am 25. Jänner 1417 mehreren Juden für ein 
Darlehen von 6000"Gulden, diese Summe samt, Schaden 
und Zehrung auf die Gemeinschaft der Juden in Öster¬ 
reich ob und unter der Enns „nach jedes Vermögen zu 
schlagen.8 
Schon im Jahre 1338 war in Linz, m unverkenn¬ 
barem Zusammenhange mit anderen Orten, die Beschul¬ 
digung des Hostienraubes gegen die Juden erhoben 
worden.9 
Unter Albrecht V., nach Ostern 1420, wurde der 
reiche Jude Israel in Enns aus dem gleichen Grunde 
unter schwerste Anklage gestellt, leugnete jedoch ebenso 
wie seine Gattin auf der Folter standhaft ;10 diese jedoch 
verübte nach der Verhaftung aller Juden in den herzog¬ 
lichen Ortschaften am 23/ Mai 1420 Selbstmord, wah¬ 
rend die Frau des Mesners von Enns, die angeblich dem 
Israel Vorschub geleistet hatte, 1421 am Scheiterhaufen 
endete. In diesem Jahre wurden sämtliche Juden nach 
Konfiskation ihres beweglichen und unbeweglichen Ver¬ 
mögens aus Österreich verbannt. 
Eine ebenso geschlossene jüdische Siedlung wie in 
Steyr wird auch für Enns als Judengasse seit 1350 er¬ 
wähnt,11 während Judendorf bei "W olfern (Bezirk Steyr) 
seit 1371, Judenleithen (Bezirk Perg) erst später nach¬ 
gewiesen wird. Ebenso ist eine jüdische Bewohnerschaft 
in Linz schon im Mittelalter bezeugt. 
An dieser Stelle sei auch auf eine von Handel- 
Mazetti12 veröffentlichte Urkunde hingewiesen: 
1612. 3. Oktober. Andre Hofpauer von Reichers- 
torff, Helpfauer Pfarre, Mauerkircher ^ Landgericht, 
und .... reversieren den Hofpau des Schlosses und 
'Siczes Waasen auf 9 Jahre lang \*on Achacz ! reiherrn 
von Tannberg .... in Bestand genommen zu haben. 
Im Bestandbrief eodem dato werden erwähnt: Die Ju¬ 
denwiesen, 3 Eczen gegen ITuefnagl, .... 
Im 13. Jahrhundert allerdings werden in den Ur¬ 
kunden noch nicht oberösterreichisehe, sondern „fremde 
Juden zitiert. Dem ungarischen Juden Teka (Techa, 
Techanus) und mehreren Wiener Bürgern waren für 
120 Pfund Wiener Münze die Besitzungen des Poppo 
von Pecach (Peckau) zu Ober- und Mittelgrub in Nie- 
derösterfeich, die dieser von seiner Mutter geerbt und 
d%m Kloster . Reichersberg geschenkt hatte, verpfändet 
worden, welchen Betrag das Kloster zahlen mußte. 
Dem Juden Bibas unbekannter Herkunft hatte der bub- 
diakon Blasius Güter zu Mauer an der Traisen, zu 
« Kurz, Österreichs Handel in älterer Zeit, 1822, p. 89, Note 1, 
bei Scherer a. a. O., p. 402. , 
r Registerband Cod. 27/C. 3 des Haus-, Hof- und Staats¬ 
archivs, p. 360 und 364, bei Scherer a. a. O., p. 403. 
8 Ebenda, Cod. 27/C, 3, IV, p. 360; bei Scherer a. a. O., p. 409. 
o Scherer, a. a. O., p. 349. 
10 Scherer, a. a. O., p. 412 bis .415. 
11 Urkundenbuch des Landes Österreich ob der Enns, VIII., 
"12 Handel-Mazetti, Regesten von Urkunden . und Akten aus 
dem Schloßarchive Aurolzmünster, im 58. Jahresberichte des 
Museums Francisco Carolinum. Linz 1900, p. 72. 
is Urkundenbuch des Landes Österreich ob der Enns, Iii., 
27, XXIV. Wien, 28. Jänner 1235. 
Hirschau und Stalhofen und zwei Weinberge zu Rossaz 
für 10 Pfund Wiener Münze verpfändet, welche Schuld 
das Kloster St. Nikolaus in Passau, dem Blasius diese 
Güter zu seinem Seelenheil geschenkt hatte, von Bibes 
einlösen mußte.14 
Am 23. April 1309 bestätigt Friedrich der Schone, 
daß das Stift Lambach die dem Juden Abraham in Sankt 
Pölten schuldig gewesene Gülte gänzlich bezahlt habe 
Alle Schuldbriefe, die Plume die Jüdin gegen Eber¬ 
hart und Heinrich von Walsee vorbringen könnte, er¬ 
klärte Albrecht II. am 24. Dezember 1339 für nichtig, 
da sie sich mit denselben um alle Gült, die diese und 
Konrad von Werd ihr schuldeten, ausgeglichen hat. 
Erst im Jahre i3g8 tritt uns der Jude Waruch zu 
Linz in einer Urkunde der Herzoge Albrecht III. und 
Leopold III. entgegen.17 Diese bekennen am 22. April 
1368, daß sie Eudolfen von Wallsee von Enns 200 Pfund 
geben sollen, 100 Pfund, die sie ihm früher verschafft, 
und 100 Pfund für die im Jahre 1368 gegen "Rom oder 
Italien mit 30 Hauben durch sechs Monate zu leistenden 
Dienste. Dafür haben sie ihn mit seinen Genossen 
Simon den Fenken und Otackar von Wolf stein von dem 
Juden Waruch zu Linz um 210 Pfund geledigt. 
Adam Reißner, ein deutscher Geschichtsschreiber 
aus dem 16. Jahrhundert, erzählt in seiner Historia der 
Herren von Frundsberg:18 * 
„Und nachdem er (Carolus, König m Spanien, 
Sizilien und Neapel, Erzherzog zu Österreich etc.) 
römischer Kaiser geworden, hat er (1521) zu Worms 
Herrn Georgen von Frundsberg, Herrn zu Mündlheim 
und Petersberg, Ritter, zu seinem Rat und obersten Feld¬ 
hauptmann in der fürstlichen Grafschaft f ir°l von 
neuem verordnet, mit Brief und Siegel bestätigt, ihm 
deshalb eine jährliche Pension wie zuvor Kaiser Maxi¬ 
milian bewilligt und das Schloß Runggelstein samt dei 
Burghut übergeben." 
Auf diesen mit unserem eigentlichen Gegenstand 
nur in mittelbarem Zusammenhange stehenden und nur 
wegen dessen Vollständigkeit gebrachten Gnadenbiie 
beziehen sich zwei von Handel-Mazetti19 zitierte Ur¬ 
kunden: . - .... 
1537. Monzon. 20. Oktober. Kaiser Karl \ . vidi¬ 
miert und bestätiget auf Bitten Conrads von Rechberg 
zu Hohenrechberg und Stauffeneghk, als von Freund¬ 
schaft wegen neben andern verordneten Autors der 
Kinder des Caspar von Freundsberg, kais. Raths und 
Hauptmannes, und zwar Georgs von Freundsberg und 
seiner Geschwister Ulrich und Caspar von Freundsberg, 
seinen auf dem Reichstag zu Wormbs gegebenen Gnaden - 
brief vom 15. Februar 1521 und ertheilet ferner die 
Gnade, daß die Freundsberg in ihren hohen und niederen 
Gerichten neue, gute Satzungen und Ordnungen, Gebot 
und Verbot aufrichten und auch wieder autheben 
können, und gibt ihnen Freiheit wider die Juden wegen 
deren Wucher und Gesuchen in ihren Gerichten. 
1578. Preßburg. 4. März. Kaiser Rudolf vidimiert 
und bestätiget dem Georg von Freundtsperg, Freyherrn 
14 Urkundenbuch des Landes Österreich ob der Enns, III., 
p. LXIV. Mautern, 9. Juli 1239. 
Beide Urkunden bei Scherer a. a. O., p. 126, 127. 
iß Urkundenbuch des Landes Österreich ob der Enns, V., lo, 
Nr. 15; bei Scherer a. a. O., p. 355. * Qn1 
i« Wiener, Regesten 222, Nr. 36; bei Scherer a. a. O., p. Ml. 
17 Urkundenbuch des Landes Österreich ob der. Enns, VIII., 
p. 575, Nr. 382; bei Scherer a. a. O., p. 389. 
is Historia der Herren Georg und Kaspar von Frundsbeig. 
Von Adam Reißner. Nach der 2. Auflage von 1572 herausgegeben 
von Karl Schottenloher. Leipzig, undatiert, p. 42. 
io Handel-Mazetti, a. a.' O., p. 36 und 55.
	        
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