Volltext: Der Naturarzt 1891 (1891)

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stammte von einer notorisch nervenkranken Mutter und zeigte dann und wann Anzeichen 
eines eigentümlich reizbaren Wesens. 
Den Tag vorher konnte ich das Aushören des Fiebers konstatieren; als ich am andern 
Mittag kam, hörte ich aber die sonst sehr ruhige Krau schon vom Vorzimmer aus heftig 
schreien und toben. Als ich eintrat, bot sich mir ein schreckliches Bild: die Kranke hatte ein 
hochrotes Gesicht, schlug bei der geringsten Veranlassung mit Händen und Füßen um sich 
und schrie so, daß man es mehrere Häuser entlang hörte. Ehe man sich's versah, sprang sie 
auch einigemal aus dem Bett und hinaus auf den Korridor, wo sie wie ohnmächtig 
zusammenstürzte. 
Am andern Tage war sie ruhiger, aber die geistige Verwirrung steigerte sich: sie hielt 
sich für verdammt, zieh sich des Unglaubens, glaubte, der liebe Gott könne ihr nicht mehr 
verzeihen u. s. w. Dazwischen hinein wurde sie aber wider ganz wild, zeigte sich ausge 
sprochen nyAphomanisch und bot in den nächsten zwei Tagen ein B-ld des Wahnsinns, wie 
es in dem Buche steht. Sie kannte aus ihrer Umgebung niemand mehr, war ganz verzückt, 
stierte einen mit weit aufgerissenen Augen an, suchte sich oder die andern zu erwürgen und 
weinte dann wieder ganz markerschütternd. Trotz der anscheinend verzweifelten Situation 
verlor ich aber den Mut nicht; ich ließ fleißig Kreuz- und Wadenpackungen machen, zugleich 
Dampfkrüge an die Fuße legen, ordnete mehrmals täglich ein 20gradiges Rumpsbad an 
und siehe da: der Wahnsinn verschwand, wie er gekommen war; schon am dritten Tage war 
die Kranke ruhiger, erkannte ihre Umgebung allmählich wieder; zeitweise überfielen sie noch 
Angstansälle infolge von Halluzinationsvorstellungen; schon nach acht Tagen war sie aber 
auch davon befreit. Sie schlief wieder, zeigte Appetit, die Zunge säuberte sich, sie unterhielt 
sich wie früher, und am 10. Tage konnte sie schon wieder einige Stunden auf der Veranda 
sich aufhalten — gewiß ein Erfolg, wie er nicht schöner gedacht werden kann. 
Nach meiner Ansicht beruhen alle derartigen Erkrankungen im wesentlichen auf einer 
Vergiftung mit sogenannten Selbstgiften, die sich namentlich infolge einer gestörten Verdauung 
bilden und welche einen Blutandrang nach dem Gehirn und eine Reizung der Gehirn 
zellen bewirken. 
Die Hauptaufgabe des Arztes ist deshalb, das Blut vom Gehirn abzuleiten und die 
Selbstgiste aus dem Körper fortzuschassen. In wahrhaft zauberischer Weise bewirkt dies die 
sachgemäße Anwendung der Naturheilfaktoren. 
Wie weit entfernt vom Wahren in dieser Beziehung aber noch die sog. wissenschaftliche 
Medizin ist, zeigt einmal erschreckend deutlich die obige Krankengeschichte des Studenten; 
als weiterer Beweis mag dienen, daß mir erst kürzlich ein Psyhiater von Fach, der erster 
Assistenzarzt an einer Staats-Irrenanstalt ist, bei Gelegenheit eines "Besuches sagte: „bei 
Geisteskranken lasse sich mit der Anwendung von Wasser nichts machen." 
Obige zwei Krankengeschichten beweisen aber aufs entschiedenste das Gegenteil, 
und es ist nur zu wünschen, daß auch in unsern Irrenanstalten, in denen die Mwphium- 
Spritze im Geheimen noch so schrecklich ihr unheilvolles Wesen treibt, bald ein Lichtstrahl 
fallen möge von der Neuen Heilkunde, die allein im Stande ist, die Menschheit von unsäg 
lichem Jammer und Elend zu befreien. Redaktionszusatz. Bei Dr. Schindler sah ich 
ebenfalls Wahnsinnige bei Wasseranwendungsformen wiederholt genesen. 
Ueber die gesundheitliche 
Bedeutung der Obst- und Beerenweine. 
Philo vom Walde. 
Nur wenige Menschen dürfte es geben, welche wie Simson und Johannes 
der Täufer an das Gelübde des Nasiräaths gebunden sind und ihr ganzes Leben 
lang nur reines Wasser als Trank benützen. Zwar macht sich in neuester 
Zeit von Zürich aus eine Alkoholgegner-Bewegung geltend, welche hervor 
ragende hygieinische, schriftstellerische und medizinische Größen in sich schließt — 
aber ich glaube: die grundsätzlichen Gegner jeden Tropfen Alkohols werden 
eine verschwindend kleine Zahl bilden. Jedoch, wenn wir auch auf dem Stand 
punkte Christi und seiner Apostel stehen, also mit den Traurigen traurig und 
mit den Freudigen freudig sind und essen und trinken mit Zöllnern und 
Sündern — so dürfen wir es doch nimmermehr mit dem Nationallaster der 
Deuychen, dem Suff, halten. Für uns dürfen Spirituosen nicht „flüsstges 
Brot", nicht Nahrungsmittel, sondern nur Genußmittel sein, welche wir nur
	        
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