Volltext: Der Naturarzt 1890 (1890)

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und Lehrer wirken, indem sie das Sandalentragen empfehlen und Letztere bei ihren 
eigenen Kindern in Anwendung bringen. Man wage den Versuch. In seinem 
Privatgarten kann es jeder thun, und im übrigen wären die Bäder und 
Sommerfrischen der geeignetste Platz dazu, wo man es schon wagen 
kann, ein wenig „aufzufallen". Besonders würde sich die Sandalen- 
tr^cht für die Seebadeorte empfehlen, wo die Kinder sich jetzt am 
Strande fortwährend nasse Strümpfe holen. — Jeder Schuhmacher kann auf 
Bestellung solche Sandalen aus Kork oder Leder Herstellen, und sobald Nach 
frage vorhanden, wird sich die Industrie des neuen Zweiges bemächtigen. 
Alle Eltern, die gesunde und kräftige Kinder erziehen wollen, sollten von 
diesem Vorschlag Gebrauch machen. Die Kinder werden es ihnen danken I 
Das Naturheilverfahren als Retter in der Not. 
Von Gustav Welcker, Frankfurt a. M. 
Der Kaufmann G., 35 Jahre alt, 170 Pfd. schwer, mit scheinbar blühendem Aus 
sehen, litt seit längeren Jahren an Nervenerschöpfungen unter Erscheinungen von stetem 
Zittern, Kongestionen etc. — Vor zwei Jahren bekam derselbe hei einer Vereinsfestlich 
keit, wobei es an Aufregungen, Trinken, Bauchen etc. nicht fehlte, einen so heftigen An 
fall von mannigfaltigen nervösen Erscheinungen, dass man ihn am Orte selbst mit Eis 
aufschlägen versah und nach Hause führen musste. Erst nach einigen Stunden konnte 
man ihn zu Bette bringen. Ohne besondere Veranlassung, so sagte er, wiederholte sich 
obiger Anfall nach einigen Tagen wieder. 
Da kam denn der Kranke zu mir, um meine Hilfe in Anspruch zu nehmen. Als 
er jedoch hörte, was er in Zukunft zu thun und zu lassen habe, ging er zu einem Dr. 
d. Med. Derselbe meinte: sein Blut sei zu dick, und er solle weniger trinken und 
weniger rauchen und verschrieb ihm (zufälligder Bei he nach, wie ich es ihm vorausgesagt): 
Brom-kali. Nach einigen Tagen fühlte er sich jedoch wie gelähmt. Da bekam er Chinin, 
worauf er sich sehr aufgeregt fühlte, weshalb er nach einigen Tagen Antifeh rin bekam. 
Sein Zustand wurde bei dieser Behandlung täglich schlimmer, und es befiel ihn eine so 
grosse selische Niedergeschlagenheit, dass er seinem Berufe als Buchhalter nicht mehr 
nachgehen konnte. — Während dieser 14 tägigen Behandlung hatte er 24 Pfund an Ge 
wicht verloren. Da, als er eines Morgens in das Geschäft gehen wollte, bekam er unter 
wegs wieder einen Anfall und nahm deshalb noch eine Dosis Antifibrin. Im Geschäft 
angekommen, konnte er keine Feder mehr halten; er zitterte fürchterlich am ganzen 
Körper, sein Gesicht war dunkelrot und aufgedunsen; er weinte wie ein Kind. Auf dem 
Wege zu mir musste er sich öfters an den Häusern festhalten. In solch’ erschreckendem 
Zustande kam er vormittags 9 Uhr bei mir an. 
Auf den Kopf machte ich ihm sofort kühle Aufschläge und gab ihm ein Fussbad. 
Hierauf brachte ich ihn zu Bett und gab ihm Leib- und Fusspackung, an die Füsse legte 
ich eine Wärmflasche, und da sich die Leibpackung auch so schlecht erwärmte, legte ich 
darauf eine Leibflasche. Erst nach einer Stunde beruhigte er sich, er hörte auf zu zittern 
und schlief ein. Erst da konnte ich die kalten Aufschläge auf dem Kopf weglassen. 
Als er nach 4 Stunden erwachte, gab ich iLm ein 27 0 B. Bad mit einer etwas kühleren 
Abgiessung und entliess ich ihn aus meiner Wohnung. 
Da sein Nervensystem übeneizt und ganz erschöpft war, so musste ich ein anhaltend 
beruhigendes Verfahren mit mittlerer Temperatur und langsamem Vorgehen einschlagen. 
Meine Verordnungen bestanden darin: 
1. Alle geistigen Getränke und Bauchen, sowie alles, was Aufregung hervorrufen 
kann, gänzlich zu unterlassen. 
2. Eine mässige, mehr pflanzliche als fleischliche leichtverdauliche Diät. 
3. Morgens früh eine 15—18 0 B Ganz ab Waschung. 
4. Um 11 Uhr vormittags und abends vor dem Schlafengehen ein Sitzbad von 
20-24« B. 
5. Nachts Fuss- und Leibpackung. 
Da sich der Kranke schwer erwärmte, liess ich ihm die ersten 8 Tage stets eine 
Leib- und Bettflasche beigeben. 
Schon nach 2 Tagen erklärte er, dass er sich so wohl fühle wie seit langer Zeit 
nicht mehr. 
Nun bekam er wöchentlich 2 Bettdampfbäder von U/g Stunden lang. — Darauf 
folgte stets ein Ganzbad mit einer etwas kühleren Abgiessung. Ferner liess ich ihn 
im stillen, abgelegenen Garten spazieren gehen und nachts bei offenem Fenster schlafen.
	        
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