Volltext: Der Naturarzt 1890 (1890)

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Eine weitere Hauptbedingung besteht in der sorgfältigsten Beobachtung 
der Reinlichkeit. So oft das Neugeborene sich unrein und naß gemacht hat, 
muß es mit lauwarmem Wasser gereinigt und frischem Zeuge versehen werden. 
Durch das öftere Waschen mit lauwarmem Wasser wird auch am besten dem 
Wundwerden vorgebeugt. 
Die Ernährung des neugeborenen Kindes geschieht auf dreifache Weise: 
durch die Mutterbrust, durch die Amme und durch Auffütterung oder künst 
liche Ernährung. Die Muttermilch ist selbstverständlich die zweckmäßigste 
Nahrung und bedarf keiner andern Nahrung. Bleibt die Mutter gesund und 
wird die Milchabsonderung nicht gestört, so genügt die Brust dem Kinde bis 
zur Zeit, wo mit dem Durchbruch der Zähne der Trieb nach festen Nahrungs 
mitteln in ihm entsteht. Jede gesunde Mutter sollte ihr Kind selbst stillen. 
Indem sie dadurch nur einem unverkennbar von der Natur vorgeschriebenen 
Gesetze Folge leistet, befördert sie am besten sowohl ihres Kindes Gedeihen als 
ihre eigene Gesundheit, entgeht mehr oder minder großen Gefahren, die das 
Wochenbett außerdem mit sich führt, und beugt langwierigen und beschwerlichen, 
wenngleich häufig erst in späteren Jahren sich entwickelnden Leiden vor. Frauen, 
welche z. B. an Lungenschwindsucht, bösartigen Ausschlägen, Epilepsie leiden, 
dürfen nicht stillen. Ebenso muß das Stillen den Frauen untersagt werden, 
die durch Blutverlust sehr geschwächt und solchen, die zu heftigen Leidenschaften 
geneigt sind. 
Stillt die Mutter selbst, so ist zunächst darauf zu halten, daß das Kind 
früh genug, also etwa 10 —12 Stunden nach der Geburt, an die Brust gelegt 
wird. Die Einhaltung bestimmter Stunden beim Süllen ist von der größten 
Wichtigkeit. Es wird damit der Ueberfüllung des Magens vorgebeugt, und 
auch in alle anderen Funktionen kommt Regelmäßigkeit. Es ist hinreichend, 
wenn ein Kind in den ersten 7—8 Wochen alle 3 Stunden an die Brust ge 
legt wird und während der Nacht nur einmal. An diese Stunden lassen sich 
die Kinder leicht gewöhnen und bleiben gesund und ruhig dabei. 
Darf oder kann eine Frau nicht stillen, so ist die Milch einer Amme das 
beste Ersatzmittel für die Milch der eigenen Mutter. Die Eigenschaften einer 
tauglichen Amme sind: 1. sie muß gesund und kräftig sein, zwischen 18—25 
Jahren; 2. der Zeitpunkt ihrer Niederkunft muß dem der Geburt des Kindes, 
welches sie stillen soll, möglichst nahe liegen; der Zeitunterschied darf nicht über 
.2 Monate betragen; 3. ihre Brüste sollen mäßig groß, aber voll, in den 
Brüsten dürfen sich keine Knoten oder Verhärtungen befinden, die Brustwarzen 
müssen regelmäßig gebildet, ohne Ausschlag, Schrunden sein; 4. ihre Milch 
muß folgende Eigenschaften haben: sie muß von weißer Farbe, von angenehm 
lüßem Geschmack und ohne Geruch sein; ein Tropfen, den man auf den Daumen 
nägel tröpfelt, hinterläßt beim Abfließen eine weißliche Spur; beim Tröpfeln 
der Milch in ein Glas Wasser verteilt jeder Tropfen sich in eine leichte, all 
mählich verschwindende Wolke. Ammen vom Lande sind denen aus einer 
größeren Stadt vorzuziehen, weil sie kräftiger und gesunder sind. Nur hat 
man möglichst darauf zu sehen, daß man sie bei ihrer früheren Lebensweise 
verbleiben laffe, sowohl in Hinsicht auf Essen und Trinken, als auf Beschäf 
tigung. 
Die Auffütterung oder künstliche Ernährung verlangt die größte Sorg 
falt, Geduld und Aufsicht, als sie das unnatürlichste Mittel ist, Kinder aufzu 
ziehen und am ehesten zu Unwohlsein Veranlassung giebt. Unter den vielen 
Nahrungsmitteln verdient die Kuhmilch den Vorzug. Gute Beschaffenheit der 
Milch und des Zuckers, die richtige Mischung mit Waffer, gehörige Wärme 
der Flüssigkeit und äußerste Sauberkeit der gebrauchten Apparate ist unerläß-
	        
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