Volltext: Der Naturarzt 1890 (1890)

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sicht rein aus Interesse für die Naturheilweise und aus Bedauern darüber, daß dieselbe so 
schwere Kämpfe gegen die inneren Feinde zu bestehen hat. Denn daß dies der Fall ist, 
zeigte ja die letzte Versammlung zur Genüge, zeigte die Art und Weise, mit welcher einige 
Vertreter bemüht waren, dieselbe unnütz zu verlängern, durch Nörgeleien, durch Bekrittelung 
jede Maßnahme des Bundesvorstandes zu erschweren. Und welchen Zweck erreichte man da 
durch? Weiter nichts, als daß 1. die Versammlung nach 8^ ständiger Beratung 9 Anträge 
endlich zur Erledigung bringen konnte, daß es 2. jedem besser Denkenden bange werden 
mußte um die gedeihliche Weiterverbreitung der Naturheilweise, und daß man sich 3. sagen 
mußte: so kann es nicht weiter gehen! Man dachte anscheinend nicht daran, daß der Bundes 
vorstand nur Ehrenämter bekleide. Man schien zu vergessen, daß man denkende und für die 
Sache fleißig arbeitende Männer vor sich hatte, im Gegenteil schien die Opposition zu 
glauben, sie habe in dem Bundesvorstände bezahlte Beamte vor sich, denen man wegen un 
genügender Leistungen allen denkbaren Tadel erteilen könne. Und doch so ohne Grund! 
Der Bundesvorstand ist wenigstens bemüht, etwas Positives zu schaffen, um die Naturheil 
weise gegen Feinde jeder Art zu schützen. Wo liegen aber die Schöpfungen dieser sogenannten 
Oppositionspartei, welche ein Anderer vielleicht noch anders nennen würde? Nur in Nörge 
leien. Wortklaubereien, langen zwecklosen Debatten und fortwährenden Beschwerden gegen 
die Geschäftsordnung. Von Förderung der Naturheilweise hat man bei ihnen nichts gehört. 
Aber über die wiederholte Warnung des Bundesvorstandes alle politischen Bestrebungen fern 
zu halten, glaubte man sich beschweren zu müssen. Ja, man ging sogar so w it, seine poli 
tischen Glaubensbekenntnisse noch hinein zu spielen und suchte so der Versammlung einen 
Charakter zu geben, der sich mit unseren Zielen einfach nicht verträgt, und sehr oft den An 
griffspunkt unserer Gegner abgeben muß.*) Wo soll das hinführen? Man hätte als denkender 
Mann fast allen Mut verlieren müssen, wenn nicht die Versammlung zum größten Teil aus 
Männern bestanden hätte, welche wohl wußten, was sie wollten, ohne lange zu reden, deren 
Entrüstung sich endlich so steigerte, daß sie in entsprechender Weise die fortgesetzten Angriffe 
zurückwiesen, welche von der sogenannten Opposition gemacht wurden, und zwar mit lautem 
Proteste gegen derartige Machinationen. Und dieses energische Eingreifen der wohlgesinnten 
größeren Mehrheit war der große Lichtblick, der einen diese Opposition ertragen und dieselbe 
als das betrachten ließ, was sie eigentlich war: wüste Agitation ohne soliden Hintergrund!!' 
Dieses energische, entschlossene Auftreren derjenigen, die gewillt sind, aus Interesse für die 
Mitmenschen der Naturheilweise Verbreitung zu schaffen, war auch nur im Stande, das 
Wirken dieser einzelnen Vertreter zu nichte zu machm, und hoffentlich wird sie es auch ferner 
im Stande sein. 
Aber eine bedenkliche Seite hat die Sache doch. Werden sich derartige Vorgänge 
wiederholen? Oder haben sich diese Herren aus dem Verlaufe der Verhandlungen eine Lehre 
gezogen? Haben sie vielleicht erkannt, daß diejenigen, welwe die Bewegung sachlich führen, 
alle andere Agitation mit der größten Entschiedenheit zurückweisen. 
Der Verfasser dieses hofft es, aber glaubt nicht umhin zu können, für den entgegen 
gesetzten Fall seine Meinung zum Ausdruck zu bringen. 
Auf alle Fälle müßte man eine entschiedene Grenze bei Ausnahme der Vereine ziehen. 
Und wie wäre das zu bewerkstelligen? Einfach durch die Maßregel, die jeder Bund benützt, 
um Vereine, welche die Sache schädigen, von der Vereinigung zurückzuweisen, durch Ausnahme- 
deputation bezw. Vorstandssitzungen, die über Ausnahme und Ausschluß derartiger Vereine 
gewissenhaft entscheiden müssen. Man wird hier nun einzuwenden haben, wo bleibt der ge 
meinnützige Zweck, den unsere Bewegung verfolgt? Nun, ich huldige der Ansicht, daß nur 
der Anspruch auf den Nutzen der Naturheilweise hat, der ihr nicht Steine in den Weg legt, 
der ohne Schwarzseherei, ohne Vorurteil mithilft, in sachlicher Weise für die Naturherlmethode 
zu arbeiten, der das Extreme vermeidet und überzeugt ist, dag unsere Lehre nur auf wissen 
schaftlichem Boden gedeihen und seinerzeit anerkannt werden kann. Denjenigen aber, welche 
die Naturheilweise benutzen, um unter ihrem Deckmantel nur Oppositionsgelüste zu befriedigen,) 
denen nehme man das Recht, umer der Bundessahne zu marschieren. Besser, ein kleiner 
Bund mit weiser gemäßigter Führung und ihre Aufgabe richtig erfassenden Männern, als 
ein großer mit Elementen, die da drohen, den gutdenkenden Führern die Lust zur Arbeit zu 
benehmen und den ganzen Bund zu diskreditieren. Es dürfte also, wenn sich inzwischen die 
Sache nicht klärt, der mögliche Fall sein, daß dementsprechende Anträge der nächsten Bundes 
versammlung vorgelegt werden. Es ist dies des Unterzeichneten unumstößliche Ansicht und 
wird es auch nach den bisherigen Erfahrungen bleiben, selbst wenn vielfach gegnerische Är- 
tikel hierdurch veranlaßt werden sollten. Deshalb glaubt er auch mit seiner Meinung nicht 
zurückhalten zu dürfen, sondern sie den übrigen Vereinen zur Kenntnisnahme und Prüfung, 
unterbreiten zu müssen, um so schon eine Grundlage zu schaffen, auf der dem inneren Feinde 
vollständig zu begegnen und eventuelle Bestimmungen auszubauen wären. 
*) Die „Volkstribüne" in Berlin bringt eben einen Artikel: „Sozialdemokratie und 
Naturheilkunde", der so viel Wahres und Falsches ausweist, daß wir ihn bei freiem Raume 
gelegentlich beleuchten. D. Red.
	        
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