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beugen sann;,,ist dies durch den Erfolg bewiesen, so wird man, ohne sich des
Vorwurfs der Übertreibung schuldig zu machen, den weitern Schluß ziehen
dürfen, daß der Naturarzt durch seine Behandlungsweise auch einen g ü n st i g e n
Einfluß auf Beförderung der Resorption und Fortschaffung des
Blutextravasates wie der Gehirntrümmer und auf die raschere
Bildung der apoplektischeu Narbe haben wird I Ganz sicher ist aber die
Annahme, daß dadurch das dem Mediziner so gefährlich dünkende reaktive
entzündliche Stadium, wenn nicht ganz unmöglich, so doch möglichst
ungefährli ch und leicht vorübergehend wird gemacht werden können. Nächst-
dem wird der Gedanke nicht zu kühn sein, wenn man die Hoffnung hegt, daß
durch die wunderbar belebende Wirkung des einfachen Wasserbades dem Natur
arzt öfters cs auch gelingen werde, das Übergreifen der Lähmung
von den Hemisphären des großen Gehirns (wo der Bluterguß stattgefunden)
auf das kleine und namentlich das Mittelgehiru abzuhalten, teffeu
ungehinderte Funktion durch seine Beherrschung derRespiratiousbewegun-
g e n für das Fortbestehen des Lebens so unentbehrlich ist!
Nachdem ich in der Eile so mit mir zu Rate gegangen, drehte ich mich
zu dcn Anwesenden um und sagte zu den beiden Geschwistern kurz: Ich will
versuchen, was sich mit Hilfe des Naturheilverfahrens im vorliegenden Falle,
der mir bis jetzt noch nicht vorgekommen ist, nur immer thun läßt, falls
Sie mir versprechen wollen, mich in meinen Bemühungen reell zu unterstützen
und unter keinen Umständen eine Ordination von anderer Seite da
zwischen hinein in Ausführung zu bringen! Als mir dieses ohne Umstände
zugestanden worden, bat ich die Anwesenden sich zurückzuziehen bis auf zwei
Personen, die Lust und Kräfte hätten, mir willig an die Hand zu gehen. Ich
ließ mir alsdann Wolldecke, Lein- und Handtücher geben, einen Eimer mit
frischem Wasser bringen, schloß die Thüre ab, zog meinen Rock aus, stülpte
die Ärmel auf und bereitete sodann mit Hilfe der beiden weiblichen Personen,
die sich mir zur Mithilfe angeboten, auf dem zweiten im Zimmer befindlichen
Bette eine feuchte Ganzwicklung mit extra Rumpfumschlag (Wasser
dazu frisch) vor und brachte dann die bewußtlose Patientin, nachdem ich
ihr vorher ein Lavement von frischem Wasser, mit etwas Essig gemischt, ge
geben. hinein und wand ihr zuletzt eine ziemlich feuchte Kompresse turbanartig
über den ganzen Schädel, jedoch ohne ihr vorher von demselben die Haare
rasiren zu lassen, wie die Staalsmediziuer zu thun pflegen!
Nachdem Pat. auf diese Weise besorgt war, ließ ich Fenster und Vor
fenster ganz öffnen, so daß frische Frühliugsluft in das Zimmer einströmen
konnte, in welches bei fast hermetischem Verschluß den ganzen Tag die Kranke und eine
Menge andrer Personen, dreimal auch der Obermedizinalrat—ihre kohlensaure Aus
atmung gemacht hatten und in dem es wahrlich nicht ambrosianisch roch!!
Nunmehr richtete ich mein Augenmerk darauf, dem seit zirka 20 Stunden ganz leer
gewordenen Magen auch wieder einige Beschäftigung zu geben, um dadurch
die Lebensgeister auch aus diesem Wege etwas anzufachen; ich ließ zu diesem
Behufe eine Obertasse guten alten Wein heiß machen, mischte ihn mit Wasser,
gab etwas Zucker zu und geriebenes Brot und bat dann eine meiner Helferinnen,
löffelweise das Getränk in den Mund zu geben, sobald es mir gelungen,
denselben trotz des Kinnbackenkrampfes zu öffnen, was auch geschah; die Um
schläge um den Kopf wurden öfters erneuert und auch die Füße nicht vergessen,
indem ich die Wärmflasche anlegen ließ, nachdem sie mir nicht warm genug vor
kamen; an der Peripherie war Patientin nach zwei Stunden hübsch warm,
daher mußte ich an die Abkühlung im Halbbade denken, welches ich -j- 20° R.