Volltext: Der Naturarzt 1884 (1884)

76 
weisen, in welchen vorher bei Vater Hahnemann Hilfe gesucht und 
nicht gefunden wurde, während ich dann noch, als Anhänger des Prießnitz- 
schen Verfahrens, den Heilprozeß zu günstigem Abschluß brachte, die Natur 
heilung hier also noch über die eben nicht eingetretene Kunst- 
Heilung den Sieg davon getragen hatte. Aber umgekehrt wüßte ich k e i n e n 
Fall, in dem mir ein Patient abgesprungen wäre, um bei der Homöopathie 
Hilfe zu suchen. Und vei setzen wir uns im Geiste einmal an den Ort des 
ersten Villersscheu Diphtherie-Falles, wo der homöopathische Heil 
künstler 6 Tage lang vergeblich mit verschiedenen Mitteln operirte, ohne 
den zuerst doch leichten Krankheitsfall in seiner Entwickelung irgendwie 
aufhalten zu können! Wie hübsch hätte hier der Naturarzt ohne langes Be 
sinnen operiren können, um dem Prozeß einen andern und bessern Verlauf 
zu geben! Gleich am ersten Tage nämlich, wo der kleine Patient über schmerz 
hafte Empfindungen in denjenigen Teilen klagte, welche beim Jnspiriren von 
der kalten Lust direkt getroffen worden, also im Gaumen und Rachen, wo be 
reits auch Rötung und Schwellung der Schleimhaut sich zeigten, und schon 
ein Allgemeinleiden im Anzuge war, sich aussprechend durch schlaffe und 
teilnamlose Haltung, Kopfweh und — Fieber, wogegen Belladonna sich in 
36 Stunden noch ganz hilflos erwies, da war der rechte Moment vorhanden, 
wo der Naturarzt dem angegriffenen Organismus — sei es nun durch den 
eingeatmeten rnicrococcns dipkrtbericus oder durch Schwächung des Vagus 
infolge stundenlangen Verweilens im Freien und Sprechen bei —14 0 E. — 
mit seinen Mitteln zu Hilfe kommen und jeder Ausartung des Krankheits- 
Prozesses vorbeugen konnte; gleich am nachmittag und abends noch einmal war 
eine feuchte Ganzpackung mit extra Halsumschlag mit darauffolgender nasser 
Abreibung, in der Zwischenzeit fcuchtkalte H"l^° und Lcibkompressen mit 
Wechsel und kalter Frottirung, wenn sehr warm geworden, angezeigt, ebenso 
öfters kühle Mundbäder und allenfalls noch ableitende Fußpackungen, welche 
Manipulationen zusammen wohl das beste Prävenire bewirkt, und den Jungen 
in 2—3 Tagen wieder schulfähig gemacht, jedenfalls dem trostlosen Zustand 
vorgebeugt hätten, wo das zufällig entdeckte cyanuretum mercurii in 6. Dezimal- 
Verreibung, die allerdings wunderbare Heilwirkung bewies! In prophylak 
tischer Beziehung wüßte ich dann allerdings keine Wasseranwendungsform 
von so merkwürdiger Wirkung, wie Vers. dieselbe von seinem Mittel rühmt, 
wenigstens getraue ich mich nicht, es mit ihm in dieser Beziehung auf eine 
Probe ankommen zu lassen, und wenn ein anderer dies vermöchte, so muß man 
immer noch eingestehen, daß es für Alt und Jung viel angenehmer ist, täglich 
einmal 5 mit der Mutterlösung des cyanuretum mercurii befeuchtete Mehl- 
zuckeikörnchen zu verschlucken, um dadurch den Organismus dem Kontagium 
unzugänglich zu machen, indem hiermit dessen spezifische Krankheits 
anlage kompensirt wird und der micrococcus diphthericus nun weiter für 
sich selbst sorgen mutz. Allah ist groß und Hahnemann sein Prophet! 
Wer lacht da? Vers. sagt noch ausdrücklich: 
Ich erinnere mich, in kinderreichen armen Familien, welche auf einen einzigen kleinen, 
mit unreiner Lust und allerlei Schmutz gefüllten Wohnraum beschränkt waren, die 
Diphtherie vermittelst der prophylaktischen Anwendung des oyannrstuw mercurii 
aus den einen Fall beschränkt zu haben, zu dessen Behandlung ich herbeigerufen wor 
den war. 
Das ist doch sicher alles menschenmögliche, und dürfte die Kaiserin August« 
sicher nicht daran gedacht, in ihren Wünschen sich nicht so weit verstiegen 
haben, als sie den Preis für ein sicheres Heilmittel gegen die Diphtherie
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.