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Einige AWe-simrte an Herrn Dr. Haupt
in Betreff der Bakterienlehre
vom „alten Skeptiker".
Geehrter Herr! Sie haben die Güte gehabt, in Nr. 7—10 des vorigen
Jahrganges eine Antwort auf meine offenen Fragen zu erteilen und, ob
wohl cs mir scheinen will, daß dieselbe mit einer gewissen Vorliebe an meine
rhetorischen, eine eigentliche Antwort gar nicht erfordernden Fragen gerichtet
sind, während Sie die „offenen" (im Sinne von „offenherzig en") Fragen
ziemlich diplomatisch behandeln, so bin ich Ihnen doch für die erteilte gütige
Belehrung recht dankbar!
Dieselbe hat mir einmal wieder gezeigt, wie vorgefaßte Meinungen, nament
lich wenn diese schon zu Dogmen sich auszubilden angefangen, selbst die Seh
kraft studirter Mikroskopier zu schwächen geeignet sind, und welche Sprünge
und Widersprüche sich dann auch die Logik gefallen lassen muß. Auf die
eigentliche „Bakterienlehre" und deren weitläufig divergirenden Inhalt brauche
ich mich nach dem vortrefflichen Artikel vom Herrn Grafen A. v. Z e d t w i tz
in Nr. 11 und 12 des „N.-A." von 1883 wohl nicht mehr einzulassen ; der
selbe hat doch auch in Ihren Augen jedenfalls das Verdienst, in höchst objektiver
Weise die massenhaften subjektiven Meinungen, aus welchen bis jetzt die
Bakterienwissenschaft besieht, genügend in ihrer glänzenden Widerspruchs
sülle illustrirt zu haben.
Ich wende und halte mich daher nur an S i e und die Resultate Ihrer
Untersuchungen als an das einzig Positive, welches ich aus dem wüsten Felde
jener Wissenschaft bis jetzt zu entdecken vermag und das mich um so entschie
dener anzieht, als es sich eben durch seine Positivität zu meinem rein
negativen Skeptizismus verhält, wie der positiv elektrische
Pol zum negativen. Auch will ich. da mein in dem frühern Artikel in
Nr. 1—5 zu Tage getretener Humor Ihren Beifall zu haben scheint, mich
möglichst befleißigen, denselben unverfälscht zu erhalten, ohne ihn durch meinen
natürlichen Widerwillen gegen das ganze Bakterienthema verbittern zu lasten.
Also zur Sache!
S. 106 des „N.-A." von 1883 sagen Sie: „meine Einwürfe gegen die
Bakterienlehre gipfelten in der Behauptung, daß die als pathogene (krank
machende) bezeichneten Spaltpilze nicht Krankheitsursachen, sondern
vielmehr Krankheitsprodukte seien."
Wann oder wo hätte ich dergleichen behauptet? Und ich sollte sogar
meinen, in der Wolle gefärbten Skeptizismus in so hohem Grade verleugnet
haben, daß ich, wie Sie S. 106 a. a. O. ferner sagen, „mich auf ein Ge
biet des Glaubens gewagt, auf welches Sie mir nicht zu folgen
vermöchten"? Verzeihen Sie, Verehrtester, die Sache ist geradezu
umgekehrt.
Ich habe (siehe S. 8 und 18 des „N.-A." von 1883) ausdrücklich von
einer „Hypothese" gesprochen, welche ich als die „wahrscheinlichere"
der Ihrigen entgegensetzte. Auch diese Hypothese aber ging keineswegs von der
generatio aequivoca (Urzeugung) aus, sondern indem ich gerade die Unlös
barkeit dieser Frage, sei es im bejahenden oder verneinenden Sinne, statuirte,
hielt ich nur für möglich, daß „unter krankmachenden Umständen" Eine
Bakterie, E i n Spaltpilz sich von einem andern, bis dahin ziemlich unschuldigen,
durch Differentiirung losschäle" und erklärte dies für ebenso plausibel,
als daß „Ein solcher ursprünglicher Millionen und Billionen