Volltext: Der Naturarzt 1884 (1884)

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ziehungssystem oft bis zu einer gefährlichen Übertreibung befolgt wurde, und daß in vielen 
Fällen eine lange fortgesetzte absolute Diät den Tod veranlaßt hat. Die Erfahrung von 
4 Dezennien hat dem Dubliner Arzt Recht gegeben und dankbar erkennen wir es an, daß 
er den richtigen Weg uns zeigte! (Oho, konnte denn ein deutscher Arzt nicht ebenfalls so 
gescheit sein, zu was lernt er denn Physiologie ? G. W.) Wir müssen darnach auf Grund theo 
retischer Erwägungen und praktischersErfahrung den Satz aussprechen, welcher als der fun 
damentale der ganzen Fieberdiätetik anzusehen ist, daß man in akut-fibrilen Leiden die Kon 
sumtion durch thunlichsten Ersatz der Verluste zu verringern sich bestreben, mit einem 
Worte: daß man nähren soll, so weit es möglich ist. Was bedeutet aber der Ausdruck 
„t h u n l i ch st n ä h r e n" ? Er bedeutet soviel, daß wir nähren sollen, soweit es das Ver 
dauungsvermögen und die Fähigkeit des Körpers, das Verdaute zu verwerten, gestattet. 
Die eine wie die andere Fähigkeit ist nämlich im akuten Fieber beeinträchtigt, mitunter 
wahrscheinlich ganz auf Null reduzirt. Wo entschiedenes Verlangen nach Speise und zwar 
nicht als vorübergehendes Gelüste kund gegeben wird, wo die Zunge nicht sehr belegt, nicht 
trocken, die Speichelabsonderung nicht auffallend vermindert ist, da können wir annehmen, 
daß das Verdauungsvermögen nicht sehr stark beeinträchtigt oder im Begriff ist, sich wieder 
herzustellen ; wo aber bedeutender Appetitmangel, vielleicht völliger Widerwille gegen alle 
Nahrung besteht, die Haut trocken oder dick belegt sich präsentirt, da dürfen wir den Schluß 
ziehen, daß die Fähigkeit, zu verdauen, auf ein sehr geringes Maß reduzirt ist. 
Und in dem einen wie dem andern Falle ist reizende Kost nicht ange 
zeigt, im ersten die reizlose, wie beim Tisch für Lungenkranke angegeben, im 
zweiten Falle so lange nichts als Wasser, bis sich der Appetit wieder einstellt, 
was bei Wasserbehandlung schon nach kurzer Zeit geschieht. Vers, weiß das aber 
besser und giebt unter Umständen starke Fleischbrühe, Kognak in großen Dosen, 
Wein und Bier, rohes geschabtes Fleisch und Kaffee, Thee, was aus dem In 
halt im allgemeinen ersichtlich und in den verschiedenen angeführten Krankheits 
zuständen noch modifizirt angegeben wird; da durch die Wasserbehandlung das 
Fieber tagtäglich aus Stunden ermäßigt wird, so ist die Konsumtion keine so 
große wie bei medizinischer Behandlung und darum auch die reizende Fütterung, 
vollends mit Alkoholicis nicht nötig, nur verderblich, was wir jüngst bei 
der Erkrankung einer hohen Person zur Genüge erlebt haben! 
all Tisch f ü r N e r v e n k r a n k e. 
Wie aus dem mitgeteilten Inhaltsverzeichnis ersichtlich, beschreibt Vers, im 
1. bis 4. das Nervensystem und seine Erkrankung, spricht im Kap. 5 etwas aus 
führlich über rationelle Ernährungsweise, deren Quintessenz die ist, daß ge 
mischte Kost in unserer geographischen Lage weitaus als die beste sich bewährt 
habe und im Kap 6 über spezielle Nahrungsdiät für Nervenkranke sagt er wörtlich : 
„Wir sind nun nach teilweise etwas weitschweifiger Behandlung der großen Frage der 
Ernährung bei dem Punkte angelangt, wo dem Nervenkranken und dem, der auf dem Wege 
ist, es zu werden, gesagt werden soll, wie er zu leben hat, um seine Gesundheit zu ver 
bessern, seine Krankheit zu heilen!" 
Auf ca. 24 S. beschreibt er nun den Tageslauf und die Verpflegung, wie 
sie für Kranke in seiner Anstalt üblich und reichliche gemischte Kost und wobei 
alkoholhaltige Getränke eine große Rolle spielen. Kap. 7 handelt von 
schädlichen Ernährungs-Erziehungsweisen, wovon manches wohl 
zu beachten sein dürste; am Schluß kommt Vers, auch auf die Kleidung und 
sagt wörtlich: 
„In neuester Zeit hat man auch, denn vaiiatio delectat, die Kleidung herangezogen 
und ihre Reform soll nun die Menschheit mit neuem Glück und Gesundheit bestrahlen. 
Wir sind auch auf diesem Gebiete wirklichen Verbesserungen hold, wenn man aber die 
kurze naturwissenschaftliche Begründung des W o l l r e g i m e s nach Professor 
Dr. Gustav Jäger für seine N o r m a l k l e i d u n g (Hemden, Hosen, Schlafrock, Nachtkutte 
— alles normal) lieft, so steht man starr, auf welche Bahnen.. Theorien sich verirren 
können! Hier nur die Einleitung: I. Für das Wohl- oder Übelbcfinden des Menschen 
spielen die Hauptrolle die spezifischen, individuell verschieden riechbaren Stoffe seiner 
Ausdünstungen und Ausscheidungen. Und II. Von solchen erzeugt jeder Mensch zwei 
ganz entgegengesetzt wirkende 1) die von allen Fachleuten längst als gefährlich erkannten
	        
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