Volltext: Der Naturarzt 1884 (1884)

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führung derselben oft ergangen, denn bei meinen von da an noch längere Zeit 
abhängigen Verhältnissen konnte ich mir natürlich das Tischlein nicht decken, 
wie ich wollte, sondern mußte schlucken, was eben auf den Tisch kam und bei 
jeder leisen Entgegnung und Hinweisung auf Hufeland, hieß es gleich: Was 
dummes Zeug! Und jetzt feiert man vegetarianische Feste; wer 
hätte das in den 40er Jahren gedacht?! — tempora mutantur et nos mu- 
tamur in illis! 
c. Freisprechendes Urteil eines Natnrheilknndigen dnrch 
das Schöffengericht nnd die Strafkammer. 
Bei der am 28. Oktober stattgehabten Verhandlung der großherzoglichen 
Strafkammer zu Darmstadt erfolgte die Freispr e chun g des Natur- 
heilkundigen Herrn Georg Weicker zu Auerbach wegen unbefugter 
Ausübung der Heilkunde im Umherziehen. Die erfolgte Berufung der 
Kläger (Mediziner) gegen das freisprechende Urteil des Schöffengerichtes 
Zwingenberg vom 12/8. wurde nach § 55 der Gewerbegesetz-Novelle als irrig 
und gesetzesunkundig verworfen und der Staatskasse die Kosten der 
Verhandlung auferlegt. Bravo! 
Briefwechsel für Alle und mit Men. 
Angebl. Ab. in Smolensk. Sie sind Beamter, 43 Jahre alt, klagen über neu 
ralgische Schmerzen (wo denn?), frösteln immerwährend und sind gegen kaltes Wasser 
sehr empfindlich; besitzen Badewanne und Zimmerregendoucheapparat und fragen: was 
machen, um die Schmerzen loszuwerden ? Antw. Machen Sie abends feuchtkalten Umschlag 
um den schmerzenden Körperteil und früh eine feuchte Abreibung des ganzen Körpers; 
nehmen Sie wöchentlich ein paar laue Wannenbäder, 10—20 M. Dauer mit nachfolg, 
kühler Brause, darauf gut trocken frottiren, dann Gang ins Freie; leben Sie vegetarisch, 
schlafen bei offenem Fenster; gegen Frösteln täglich 2 mal eine halbe bis 1 Stunde Zim 
mergymnastik, Gang ins Freie. 
Ab. in Prag. Es hat Sie gefreut, daß ich in vor. Nr. den böhmischen Jmpffreund 
nach Verdienst abgetrumpft habe und teilen mir mit, daß die dortigen Ärzte nicht gut 
auf mich zu sprechen seien, seitdem Sie die betr. Nr. des ,,N.-A." im Fenster ausgehängt 
haben! Sie,.sind ferner der Meinung, daß bei Impfung des dortigen Militärs (6000 
Mann) die Ärzte ganz unschädliche (stark verdünnte) Lymphe oder dergleichen ge 
nommen, worauf natürlich keine üblen Folgen eingetreten seien, und dieselben sich 
nun damit brüsten und ihres Verdienstes sich freuen (10 Xr. pro Mann!)! Antw. Es 
ist noch nicht aller Tage abend und bez. der Schutzpockenimpsung kommt der Tag des 
Kraches sicher auch noch; wer aber Kinder hat, ist freilich übel dran, wenn ers nicht 
macht, wie ichs schon oft angeraten habe! 
Eingegangen auf meine Privat-Mitteilung in vor. Nr. sind eine 
Menge Glückwünsche zu meiner Vermählung, wosür ich den Absendern hiermit 
herzlichen Dank sage; einige haben noch Bemerkungen beigefügt wie: 1. Soeben ersehen 
wir aus Nr. 10 d. „Nat.-A.", daß Sie nun doch und zwar meuchlings ohne vor 
gängige Benachrichtigung Ihrer Verehrer und Freunde sich verheiratet haben! 
Hoffentlich wird aber diese große Haupt- und Staatsaktion Sie nicht merklich in 
Ihrem hygieinischen und humanitären Wicken behindern; Ihre Frau wird großsinnig, 
wenn auch nicht ohne Widerstreben des Herzens, anerkennen, daß die eigentliche Frucht 
des Mannes in seiner beruflichen Wirksamkeit beruht, wofür wir unsererseits 
den Frauen gerne zugestehen, daß dieses berufliche Wirken auf der Basis des häus 
lichen Lebens beruht und von demselben in seiner Qualität, in seinem Tenor 
wesentlich beeinflußt wird! Also vivatis, floreatis, crescatis! — 2. Wie kommt es denn, 
daß Sie als Naturforscher die kirchliche Trauung begehrt haben? Wir haben 
uns darüber sehr gewundertI — 3. Was doch so ein ergrauter Naturmensch 
nicht noch alles zu leisten im stände ist! — 4. Ist denn das Hochzeitsmahl auch 
vegetarisch abgehalten und auf der Hochzeits-Reise auch vegetarisch gelebt worden? 
Antw. ad 1. Im Briefkasten von Nr. 1 habe ich schon eine leise Andeutung gegeben; 
im übrigen ist es immer besser, gleich das Faktum mitzuteilen, dann kann man nicht
	        
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