Volltext: Der Naturarzt 1884 (1884)

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Auch unsere Behörden und Gerichte sind stets prompt bereit, jede Denun 
ziation zu beachten und den „Schuloigen" exemplarisch zu bestrafen, sofern es 
sich darum handelt, daß jemand, ohne privilegirt zu sein, Kranke kurirt. Mit 
dem Motto: „Besser wissenschaftlich getötet, als unwissen 
schaftlich geheilt" ist der gute Deutsche ganz zufrieden. was sollte er 
auch thun, wenn er grobe Fahrlässigkeiten, unbegreifliche Ungeschicklichkeiten 
oder sonstige Ungehörigkeiten privilegirter Mediziner, durch welche er oder seine 
Angehörigen an Leben und Gesundheit schwer geschädigt worden, zur Anzeige 
bringen will? Für dergleichen sind alle Thüren verschlossen, höchstens 
richtet sich das Strafverfahren gegen den Beschädigten selbst, der dann wegen 
Beleidigung gestraft wird, das Gutachten, welches den Mediziner frei von 
aller Verantwortung spricht, ist bald da, für eins, das ihn schuldig spricht, 
ist keine Körperschaft vorhanden! 
Schon verkündigt uns die „humane" Presse von den Erfolgen der Über 
tragung von Hundswut (geheilt hat dieser Pasteur, dieses Prachtexemplar 
moderner „Wissenschaft" und Reklame, noch keinen Menschen, wird es 
auch in Zukunft nicht thun, doch das schadet nichts und schmälert seinen 
Ruhm durchaus nicht). Schon wird über Arsenikbehandlung diskutirt (und 
genau wie beim Impfzwang die Vergiftung als geringfügig im Vergleich mit 
dem „Segen" bezeichnet), schon rüstet man sich, diese neuesten „wissenschaft 
lichen" Erfolge zu Zwangsgesetzen zu verarbeiten, so daß die Zwangsimpfung 
gegen (oder für?) die Pocken nicht mehr einsam bleibt, sondern die Zwangs 
impfung des Hundswutsgiftes, zwangsweise Arsenikvergiftung gegen Fieber (?) 
u. s. w. — das Feld ist noch weit und verheißungsvoll — ihr Gesellschaft 
leisten kann. Von der Ohnmacht der Staatsmedizin der verheerenden Diph- 
theritis rc. gegenüber soll dieser Schwindel die Aufmerksamkeit ablenken! 
Die Presse wird uns dann schon eifrigst predigen, welche „segensreiche" 
Folgen diese Gesetze haben, der Staat wird dafür sorgen, daß nichts dagegen 
geschieht, sondern alles geglaubt, und jede Ketzerei streng bestraft wird; 
wozu hätten wir auch in Deutschland Gewissensfreiheit und das Recht der 
freien Meinungsäußerung? Was sollte wohl aus den vielen Medizinern werden, 
wenn nicht durch Zwangsgcsetze für Kundschaft gesorgt würde, oder wenn die 
Menschen gar durch unwissenschaftliche Schriften oder Personen auf 
geklärt werven dürften, wie man Krankheiten verhüten und auf möglichst 
einfache, naturgemäße und billige Weise heilen kann ? Das darf nicht geschehen, 
das muß Reichstag und Regierung verhüten, dazu muß man Abgeordnete 
wählen, die fest und treu am alten Zopfe halten, also: Lieb' Vaterland magst 
ruhig sein! 
Briefwechsel für Me und mit Men. 
Dienendes Geschöpf von 58 Jahren (mit 1 M. Einlage) als Mitleserin (unbekannt 
wo?). Ob ich es für gut finde, daß Sie sich allnächtlich einen feuchten Leibumschlag 
machen, wenngleich Sie dadurch 3—4 mal aufgestört werden, um ein wenig Urin zu 
lassen, denn so oft haben Sie das Bedürfnis nicht ohne denselben: weil Sie aber 
immer einen Druck in der rechten Seite haben, wo die Leber liegt, und seit 8 Jahren, 
wo Sie Ihre Regeln- verloren , damit kämpfen, auch immer gelber am ganzen Körper ge 
worden und oft Grimmen an den Armen unter der Haut spüren, so haben Sie auf den 
Rat einer Wasserfreundin den feuchten Leibumschlag gemacht, sich auch schon einigemal feucht 
einwickeln lassen und zwar Sonntags, wo Sie am besten Zeit haben, 3—4 Stunden lang, 
darauf kalte Abwaschung und jpazierengehen. Aber trotz alledem ist der Druck noch immer 
da und das Blut steigt stets nach dem Kops! — Ihre Herrschaft war heuer im Seebad 
und nahm Sie mit, erlaubte Ihnen auch zu baden, dies thaten Sie früh aus dem Bett 
ca. 60 mal in der Ostsee, anfangs mit Angst; das Grimmen hat darauf nachgelassen. 
Weil Ihnen nun jemand sagte, daß Sie vielleicht nierenkrank seien, da Sie in der Nacht
	        
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