Volltext: Der Naturarzt 1884 (1884)

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obstinatesten, mit den verschiedensten Medikamenten oft jahrelang fruchtlos 
behandelten Diarrhöen durch eine entsprechende Wasserkur ist eine lOOOfältig 
erhärtete Thatsache! Sehr leicht erklärt sich dies, wenn man bedenkt, daß 
der Kälterciz in Verbindung mit einem kräftigen mechanischen Reize. der 
methodisch wiederholt, die Haut und die in derselben verlaufenden unzähligen 
Empfindungsnerven trifft, nicht nur eine Erweiterung der Hautgefäße, sondern 
auch eine Verringerung, Zusammenziehung anderer, mit den von dem Reize ge 
troffenen Hautnerven in sogenannten Reflexbeziehungen stehender Gefäße be 
wirkt. Die Haut wird nach Kältecinwirknngen rot, blutreich, das vermehrt 
der Haut zugeführte Blut muß, da sich die Blutmenge des Organismus nicht 
geändert hat, anderen und zwar den inneren Organen, auch dem Darme ent 
zogen werden; das Krankheitsgift sucht (?) die Darmgefäße zu erweitern, der 
Kältereiz verengt die Darmgefäße und erweitert die Hautgefäße, die in einem 
solchen Zustand bis zu 2 Dritteln der gesamten Blutmenge fassen dürften. 
Wir werden also mit dem Kältereiz einer wichtigen Veränderung der Er 
nährungsbedingungen bei der Cholera, der Erweiterung und Erschlaffung der 
Darmgefäße, der Blutarmut der Haut, der ungleichmäßigen Blutverteilung di 
rekt entgegentreten; da ferner die Thätigkeit der Organe mit der Blntmengc 
steigt und fällt, so muß die Darmthätigkeit bei der nun lebhaften Hautthätig 
keit sinken; die Darmbewegungen müssen träger, die Absonderungen geringer 
werden und das sind lauter Momente, die Konstipation herbeizuführen geeignet 
sind. Schon die alten Ärzte bezeichneten dies als das antagonistische 
Verhalten zwischen dem Hautorgan und den Unterleibsorganen. 
Haben wir nun die Haut sozusagen auf Kosten der Unterleibsorganc in 
erhöhte Thätigkeit versetzt, so haben wir damit auch die wissenschaftliche An 
zeige in rationeller Weise erfüllt. Wir können demnach bei der drohenden 
Choleragefahr nicht früh genug mit unseren die Nerven erregenden, die Hautthätigkeit 
erhöhenden, also dem abdominellen Krankheitscharakter direkt entgegentretenden 
Verfahren beginnen, unreinen mäßigen Schutz gegen das Erkranke nzu 
erzielen. Solange uns das Choleragift selbst nicht näher bekannt ist (siehe 
Schluß!), wird wohl nicht leicht eine wirksamere zu finden sein! Und 
wie einfach sind die hier zu empfehlenden Maßregeln? Eine Abreibung des 
ganzen Körpers, vom Scheitel bis zur Sohle in der Dauer von nur wenigen 
Minuten, unmittelbar nach dem Aufstehen in der Früh, mit einem in Wasser 
von 10 — 15° R. getauchten Leintuchc, wenn man Bedienung hat, sonst grobem 
Handtuch, genügt vollständig zur Erreichung des angestrebten Zweckes. Aus 
den Kältereiz in Verbindung mit dem mechanischen Reize der Friktion wird 
die Haut blutreicher und thätiger, die Baucheingeweide blutärmer und träger. 
Diese Eigenschaften der Haut werden aber außer dem Einfluß auf die Ver 
minderung des Blutreichtums und der Neigung zu krankhafter Steigerung der 
Darmthätigkeit, auch der Erkältung, als einer der häufigsten Ursachen für 
Diarrhöen, entgegenwirken. Es unterliegt nämlich keinem Zweifel, daß der 
größere Blutgehalt der Haut, die vermehrte Sukkulenz derselben, die davon 
abhängige höhere Temperatur, die wichtigsten Faktoren sind für die größere 
Widerstandsfähigkeit des Organismus gegen Temperatur- und Witterungsein 
flüsse. Eine so beschaffene Haut setzt nämlich der Kälteeinwirkung einen mäch 
tigen Damm entgegen, es wird bei einer solchen reichlich von warmem Blute 
durchrieselten Haut die Abkühlung nicht leicht so weit gedeihen können, 
um zur Erkrankungsursache zu werden. Hat man es aber mit einer Vorläufer- 
Diarrhöe zu thun, so muß man eine kräftige Abreibung mit einem in frisches 
kaltes Wasser v. 8—10° K. getauchten und gut ausgewundenen Leintuch vor
	        
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