Volltext: Der Naturarzt 1884 (1884)

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Die Trichiiltnepi-emien der Gegenwart. 
(Ursache, Verhütung und Heilung derselben.) 
Vom Herausgeber. 
Unter diesem Titel veröffentlicht ein vr. Stammer in Emersleben 
in der Zeitschrift für Mikroskopie einen Artikel , dem ich nachstehendes ent 
nehme; derselbe sagt: „Seit Jahren hat man hier (im Dorf Emersleben, 
s 'u Meilen von Halberstadt gelegen, mit 700 Einwohnern) die schlechte Ge 
wohnheit, viel rohes, gehacktes Schweinefleisch m genießen, zumal 
die Feldarbeiter, welche dasselbe auf Brot oder Butterbrot draußen statt eines 
warmen Mittagsbrotes verzehren. So geschah es denn auch in diesem 
Jahre (1883); am 14. und 15. September war wieder eine bedeutende Menge 
rohes, gehacktes Schweinefleisch verzehrt und zwar alles von dem hiesigen 
Fleischer. Die ersten Krankheitserscheinungcn traten bei einzelnen noch an 
demselben Tage als Übelkeit und Erbrechen, am zweiten Tage als Durch 
sall auf. Zur Behandlung gelangten die ersten Kranken am 20. September, 
der letzte am 15. Oktober. (Letztere, eine alte 63 jährige Frau, wollte sich 
anfänglich nicht behandeln lassen, erst als ihre Tochter (Hebamme) und deren 
12 jähriger Knabe an der Trichinose gestorben waren, ließ sie sich behandeln.) 
Die ersten Symptome der Krankheit bestanden also in Erbrechen, Durch 
fall, mehr oder weniger Schmerzen im Magen und Darm, großem 
Durst, Fieber mit sehr hoher Temperatur, 38—41°. In den nächsten 
Tagen verlor sich das Erbrechen, der Durchfall dauerte, wenn auch nicht in 
so hohem Grade, fort. Bemerken will ich hier, daß fast sämtliche Kranke vom 
20. bis 30. September zur Behandlung kamen, nur ganz wenige kamen noch 
bis zum 15. Oktober zur Behandlung. Am 5. bis 7. Tage legte sich auch 
der Durchfall und traten nun Gliederschmerzen. Schmerz beim 
Druck auf die Oberarme, Oberschenkel, Waden und große 
Steifigkeit ein. als Hauptzeichen aber Ödeme an den Augen und 
überhaupt im Gesicht (sogenannte Dickköpfe), wohl die besten Zeichen der 
Trichinose. So verblieb der Zustand, bis sich dem Typhus ähnliche Symptome 
hinzugesellten: Schlaflosigkeit, trockene zerrissene Zunge mit braunem Belage, 
Delirien und statt der Diarrhöe häufig Verstopfung. Komplizirt waren die 
Fälle häufig mit Pneumonie, Pleuritis, Meningitis, Herpes, Zooster, Aphthen rc. 
Oft erst nach Wochen der Krankheit wurden die Ödeme an den Händen. 
Beinen, Brust, Bauch rc. stärker; an den Oberschenkeln brach die Haut auf 
und verursachte den Kranken ein schlechtes Lager. Rosenartige Hautentzündung 
vermehrte die Leiden der armen Kranken. Am übelsten waren die Kranken 
daran, wo Zunge, Kehlkopf und Schlundkopf stark mit Trichinen durchsetzt 
waren, weil dann die Ernährung sehr schwierig und die Lust sehr knapp wurde. 
Der erste Todesfall trat am 3. Öktober ein, wo ein 25 jähriger Kranker, der 
am 15. September trichinöses Fleisch gegessen hatte, starb. Die gerichtliche 
Sektion zeigte eine Unzahl von Darmtrichincn, aber auch ausgewanderte 
Trichinen fanden sich im Zwerchfell und anderen Muskeln, wenn auch nicht 
so vielfach wie später, wo ich in einem Präparate 30 Trichinen teils einge 
kapselt, teils frei fand. Am 5. Oktober der zweite Todesfall, am 6. Oktober 
der dritte und nun kamen immer mehr. Die größte Zahl der Toten war in 
der fünften und sechsten Woche, wo 11 und 10 starben. Die Gesamtzahl der 
an der Trichinose Erkrankten beträgt 257, davon sind bis jetzt 50, also 
ca. 20 % gestorben. Der Älteste der Gestorbenen war 76 Jahre, der Jüngste 
war 12 Jahre alt. Kinder erkrankten ziemlich viel, das jüngste war l 1 /* Jahr
	        
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