Volltext: Der Naturarzt 1884 (1884)

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Was also hat durch den oben angeführten Satz bewiesen werden sollen? 
daß Sie das Ding besser verstehen als ich? (dies aber habe ich noch gar nicht 
einmal bestritten. Wenigstens steht davon in meiner Konkurrenzarbeit nichts.) 
Mit anderen Worten: daß die Hydrolherapeutik die Homöopathie überflüssig 
mache, und diejenigen Kranken, welche ihr Heil bei letzterer suchen, nur ihre 
Zeit verlieren und nichts eiligeres zu thun haben, als sich an Herrn Gustav 
Wolbold, Oberlößnitz bei Dresden, zu wenden? Ganz gut; dies aber ist in 
einem Aufsätze, welcher die homöopathische Behandlung der Diphtherie zum 
Gegenstände hat, durchaus nicht am Platze, gehört vielmehr in eine Abhandlung 
über die Vorzüge der Hydrolherapeutik, oder auch als Reklame in den 
Inseratenteil einer vielgelesenen Zeitung. 
So viel bon der grundlosen Voraussetzung, von welcher Sie aus 
gegangen sind. 
Die Sache hat jedoch noch eine andere Seite. 
Sie sagen (pag. 76. Z. 24 v. o.), ich hätte in dem ersten von mir behan 
delten Falle von Diphtherie, statt meine Zeit mit Belladonna, Mercurius 
solubilis Hahnemanni und Jodium zu verlieren, an meinem Patienten 
eine feuchte Ganzpackung mit extra Halsumschlag mit 
darauf folgender nasser Abreibung, in der Zwischenzeit 
feuchtkalte Hals- und Leib-Kompressen mit Wechsel und 
„kalter Froltirung, wennsehr warm geworden, ebenso 
öfters kühle Mundbäder und allenfalls ableitende Fuß 
packungen" veranstalten sollen. — Ja, lieber verehrter Herr, Ihnen wird 
es nicht schwer, dies hinzuschreiben; etwas schwerer schon, doch immerhin für 
Geld und gute Worte in Ihrer eigenen Heilanstalt ausführbar; mir hingegen 
wäre es unter den gci ade obwaltenden Umständen schier unmöglich gewesen. Mein 
Hausstand umfaßte damals, außer dem siebenjährigen Patienten sechs erwachsene 
Personen, von welchen ich nebst meinem Kutscher den bei weitem größesten 
Teil des Tages, zuweilen auch der Nacht, außer dem Hause anstrengend 
beschäftigt war. Da wäre denn meine Frau „die Nächste dazu gewesen". Ach, 
lieber verehrter Herr, erbarmen Sie sich! Meine arme Frau litt zu jener 
Zeit an hochgradiger Rückenmarksreizung in Verbindung mit allerlei schmerz 
haften Lokal-Affcltioncri, Blutarmut u. s. w.; — hätte diese olle die von 
Ihnen empfohlenen Manipulationen ausführen sollen, so würde ich nach Ver 
lauf der ersten 24 Stunden, statt eines, zwei bettlägerige Patienten im Hause 
gehabt haben. Hätte ich nun meinen schwerkranken Knaben den Händen dreier 
völlig unerfahrener Dienstboten, von denen der einzige männliche bei der 
kolossalen Weitläufigkeit der russischen Kaiserstadt auch einen großen Teil des 
Tages außer dem Hause beschäftigt war, überlassen sollen? Dies werden Sie 
doch alles Ernstls nicht verlangen wollen. Was ich soeben von meinem eigenen 
Hausstande gesagt habe, werden Sie von der Majorität aller übrigen gelten 
lassen müssen. Da nun, wie wir weiter oben gesehen haben, in betreff des 
Heilerfolges Hydrolherapeutik und Homöopathie einander gleichstehen, so werden 
Sie ferner einräumen müssen, daß ich durch Darreichung weniger Mehlzucker 
körnchen den Zweck vergleichsweise fast mühelos, und ohne den Patienten zu 
inkommodiren, erreicht habe. Sollten Sie darin nicht einen großen praktischen 
Vorzug des homöopathischen Heilverfahrens erkennen? Wo Sie auch immer 
einen Patienten antreffen, in seinem Bette, auf der Straße, zu Pferde, zu 
Schiffe, im Dampswagen-Koupee, auf dem Hofballe, im Konzerte, bei Oskar 
Renner, im Viktoria-Salon, auf der Dresdner Vogelwiese, kurz, „wo da nicht 
ist", wie der Russe sich ausdrückt, ist es ohne Mühe und Zeitverlust» auch
	        
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