Volltext: Der Naturarzt 1884 (1884)

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Diphtherie Homöopathie und Hydrotherapeutik sich völlig gleich, und es fehlte 
Ihnen jedweder Grund, der letzteren einen Vorzug zu vindiciren. Denn — 
und hier muß ich Sie. verehrter Herr, auf eine falsche Voraussetzung auf 
merksam machen, die Sie sich haben zu Schulden kommen lassen. — in dem 
angezogenen Falle von Diphtherie hat in der That die homöopathische Behand 
lung erst dann begonnen, als das Cyan-Quecksilber erstmalig zur Anwendung 
kam. In den Protokollen der an relativ gesunden Menschen angestellten 
Prüfungen derjenigen Arzneimittel, welche ich in dem in Rede stehenden Falle 
von Diphtherie ohne Erfolg angewendet hatte, finden sich u. a. die bekannten 
Erscheinungen der katarrhalischen Angina und des Kroups; nicht aber die 
jenigen der Diphtherie, welche allein dem bis dahin noch nicht geprüften, 
daher noch nicht in den homöopathischen Arzneischatz aufgenommenen Cyan- 
Quecksilber eigen sind. Jene waren mithin eben nicht die homöopathischen 
(gleichbedeutend mit spezifischen) Heilmittel. — 
Es ist dieselbe falsche Voraussetzung, auf welcher Sie fußen, indem Sie 
(pag. 75 u und pag. 76 c) verkündigen, „daß Sie doch in Ihrer 30jährigen 
Karriere als Wasserdoktor eine nicht unbeträchtliche Anzahl von Krankheits 
fällen akuter wie chronischer Art als in Behandlung gehabt aufweisen können, 
in welchen vorher bei Vater Hahnemann Hrlfe gesucht und nicht 
gefunden wurde, während Sie dann noch, als Anhänger des Prießnitzschen 
Heilverfahrens, den Heilprozeß zu günstigem Abschluß brachten, die Naturheilung 
hier also über die eben noch nicht eingetretene Kun st Heilung 
den Sieg davongetragen hatte". 
Über die ironische Erwähnung des Namens Hahnemanns, eines Mannes, 
den Sie und ich — und noch viele andere dazu — zusammengenommen, 
nicht aufwiegen, will ich mit Ihnen nicht rechten, sondern lediglich an den 
Sinn mich halten, den Sie in obigen Satz eingekleidet haben. Da muß ich 
Ihnen denn zu bedenken geben, daß, wenn ein Kranker Ihre Behandlung 
sucht und angiebt, er sei bis dahin homöopathisch behandelt worden, Sie 
darunter zu verstehen haben, daß der Arzt, dessen criolglose Behandlung Ihr neuer 
Patient soeben verlassen hat, sich einen Schüler Hahnemanns nenne, daß die 
von diesem verordneten Arzneimittel aus einer homöopathischen Apotheke ent 
nommen worden seien u. s. w.; nicht aber dürfen Sie verkünden, daß selbiger 
homöpathisch behandelt worden sei. Dies aus dem einfachen Grunde, weil 
Sie, verehrter Herr, unbekannt mit Hahnemanns „Reiner Arzneimittel-Lehre", 
eine Kontrolle nicht auszuüben vermögen; Sie verwechseln eben die Person 
mit der Sache. Die Sache ist wahrlich nicht leicht, und irren ist menschlich. 
Gar nicht selten ereignet sich der Fall, daß Patienten von wohlbeleumundeten 
homöopathischen Ärzten lange Zeit hindurch behandelt worden waren, ohne 
nur ein einziges Arzneimittel auf deren Verordnung zu sich genommen zu 
haben, welches den Forderungen des Ähnlichkcitsgesetzcs strikte entsprochen 
hätte. Ich will Ihnen, dem Hydrothcrapeuten und Hygieniker, auch gern im 
voraus das Zeugnis ausstellen, daß Sie solche Kranke, welche es infolge 
nachteiliger diätetischer Gewohnheiten und vernachlässigter Hautpflege sind, zumal 
wenn Sie dieselben in Ihrer eigenen Heilanstalt beobachten und behandeln, 
weit schneller zur Genesung führen werden, als auch der unterrichtetste 
homöopathische Arzt es vermag, dessen Kontrolle der Patient entzogen bleibt. 
Oder soll ich Sie erst noch daran erinnern, daß gar häufig Krankheitsfälle 
vorzukommen pflegen, welche dem zuletzt, d. h. zur guten Stunde, herbei 
gerufenen Arzte zu seinem Rechte verhelfen, auch wenn er seinen Vorgängern 
an Verdienst nachstünde?
	        
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