Volltext: Der Naturarzt 1880 (1880)

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Per zu groß wäre, ist bekannt; Kleidungsstücke, welche uns auch vor zu ge 
ringer Wärmeabgabe schützen, kennen wir noch nicht, cs sei denn die soge 
nannte Pr ießnitz'sche fenchtkalte Ganzpackung in der Fieberhitze, 
welche eine ganz gehörige Wärmeentziehuug zur Folge hat. 
Durch die Bekleidung und sei es auch die dünnste, wird die Wärmeabgabe 
vom Körper auf den bekannten 3 Wegen (Strahlung, Leitung und Wasser 
verdunstung) beeinflußt; zunächst wird die vom Körper ausstrahlende 
Wärme vorübergehend in der unmittelbaren Nähe desselben zurückgehalten, sie 
bleibt theils im Kleide zurück, theils geht sie durch dasselbe hindurch, um von 
seiner Oberfläche weiter zu strahlen. Der Klcidungsstoff und die in seinen 
Poren enthaltene Luft, sowie die Luftschicht zwischen Körper und Kleidung, 
werden demnach durch theilweise Absorption der vom Körper ausstrahlenden 
Wärme beständig gebeizt, so daß unsere Haut selbst von den Schwankungen 
in der Temperatur der Außenluft unberührt bleibt. 
Es soll für die Wärmestrahlung unseres Körpers ziemlich gleichgiltig sein, 
ob wir uns in Wolle, Baumwolle, Leinwand, Seide, Leder rc. kleiden, ebenso 
verlieren wir nicht mehr Wärme durch Strahlung, ob wir einen schwarzen 
Rock tragen oder einen hellen; dagegen bedinge die Form und das Volumen 
die verschiedene Größe des Wärmeabflusses bei verschiedenen Kleidungsstoffen, 
denn nicht die Zeugfaser an und für sich hemme den Wärmeabfluß, sondern 
vorzugsweise der von ihr eingenommene Raum. Es ist eine bekannte Thatsache, 
daß in luftdichten und enganschließenden Glacolederhandschuhen die Finger 
viel mehr frieren, als in wollenen und ein lederner Schuh weniger, warm hält, 
als ein solcher von Filz. Nicht hermetischer Abschluß der Lust vom Körper 
sei die Aufgabe der Kleider und der Grund ihrer warmhaltenden Kraft, son 
dern je mehr Luft sich zwischen ihren Maschen befindet, desto besser; 
sie sollen nur den Zutritt der Luft zum Körper soweit b e s ch sä nken, die 
Geschwindigkeit der Luft in dem Grade mäßigen, daß wir die Bewegung 
derselben nicht empfinden und von einer windstillen Atmosphäre umgeben zu 
sein glauben. So wenig als den Luftzutritt zum Körper soll die Klei 
dung die W a s s e r v e r d u n st u n g von seiner Oberfläche aufheben; dieselbe 
wird auch durch unsere gewöhnliche Kleidung (außer durch die bekannten Kaut- 
schuckmäntel) nicht gehemmt, eher begünstigt, und eben durch dieselbe dem Ein 
fluß von Veränderungen in der Beschaffenheit der umgebenden Luft einiger 
maßen entzogen. — Es ist noch eine Eigenschaft zu erwähnen, vermöge deren 
die Kleidungsstoffe einen großen Einfluß auf die Wärmeabgabe vom Körper 
ausüben, sie besitzen nämlich mehr oder weniger die Fähigkeit Wasserdampf 
aus der Luft anzuziehen und zu verdichten, d. h. sie sind hygroskopisch; 
am meisten besitzt diese Fähigkeit — die Wolle, sie nimmt mehr Wasser auf, 
als Leinwand, und die Aufnahme und die Abgabe des Wassers gehen bei ihr 
langsamer vor sich, als bei jener. Wenn Leinwand am schweißbedeckten Körper 
feucht geworden ist. trocknet sie nach Aufhören der Schweißsekretion rasch wie 
der aus und entzieht dem Körper hierdurch große Wärmemengen, während die 
allmälich trocknende Wolle keine solche Störungen im Wärmehaushalte her 
vorbringt; Baumwolle arbeite ebenfalls etwas langsamer, als Leinwand. Auf 
Reisen, bei anstrengender Arbeit, in Fabriklokalen mit hoher Temperatur, in 
südlichen Klimaten rc. sei es besser, wollene oder baumwollene Hemden als 
leinene zu tragen, weil so die Gefahr der Erkältung geringer wird. Um eine 
rasche Verdunstung der Wäsche am Körper selbst zu vermeiden, soll mail nach 
starkem Schwitzen entweder in einem warmen Raume die Wüsche wechseln oder 
aber die Oberkleider am Leibe lassen und sich mäßige Bewegung machen.
	        
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