Volltext: Der Naturarzt 1880 (1880)

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Vegetarianer ausgesetzt, denen nach der alten Stickstofftheorie fast die Berechtigung zur 
Existenz abgeht (ganz falsch, da in der vegetabilischen Nahrung, z. B. den Hülsen 
früchten und Schrotbrod Stickstoff genug enthalten ist). 
Im Kap. 7, Einfluß des Klimans, heißt es, daß für alle Klimate hinsichtlich 
des Eiweißes dieselben Gesichtspunkte gelten, da im kalten nicht mehr als im warmen erforderlich, 
dagegen eine vermehrte Zufuhr von Fett und Kohlenhydraten; allenfalls können auch die 
Albuminate den Dienst thun, da sie sich in Fett umsetzen. Die Rolle der Spirituosen 
sei noch nicht vollständig aufgeklärt, nach alter Anschauung solle der Alkohol als Heizmaterial 
dienen, indem er im Körper zu Wasser und Kohlensäure verbrenne; dem stehe aber ent 
gegen, daß derselbe u n z e r s e tz t aus den Lungen wieder abdünste. Derselbe erweitere 
die peripherischen Blutgefäße und erleichtere so den Abfluß von Blutwärme, worauf nun 
gerade das subjective Wärmegefühl beruhe; darin müsse man nun den Hauptgrund für 
den Gebrauch des Alkohols in der Kälte suchen: er mache momentan die Kälte 
vergessen. (?) 
Vielfach werde nun behauptet, daß, wer an kalten Wintertagen reise, nichts Besseres 
thun könne, als von Zeit zu Zeit ein Glas — M i l ch zu trinken, da dieselbe .reich an 
Albuminaten, Fett und Kohlenhydraten sei, allen Elementen, die bei Kälte ein Erforder 
niß seien. 
Im Kap. 8 wird gesagt, daß unsere Nahrung geeignet sein müsse, den beständigen Ei 
weiß - und Fettverlust, dem der Körper auch im Hungerzustand unterliege, aufzuheben. 
Das Mehl der G e t r e i d e a r t e n enthalte die glücklichste relative Mischung ; der 
Volksinstinct, der das Brod als ein Universalnahrungsmittel hinstellej, habe deshalb das 
richtige getroffen. Da die Kohlenhydrate im Körper viel leichter zerfallen als Fett, }o sei 
bei denselben weniger Eiweiß zur Erhaltung des Körperbestandes erforderlich als bei Fett; 
sie ersparen mehr Eiweiß. Das verbreite einiges Licht über den Vegetarianismus, 
der sich rühme, hauptsächlich von G e m ü s e n (?) freilich mit Zugabe der stickstoffreicheren 
Nahrungsmittel — Milch, Käse, Eier — lebten seine Anhänger. Vers, kommt hier auch 
auf die B a n t i n g k u r zu sprechen und macht auf die Übeln Folgen einer längern Dauer 
derselben aufmerksam, da der Organismus sich bald daran gewöhne und dann kein Fett 
mehr verliere und bei dem austretenden Widerwillen gegen die eintönige Kost Verdauungs 
störungen eintreten, welche die Gesundheit des Dicken gefährden (?). Das beste Mittet 
gegen Fettleibigkeit bleibe daher noch immer tüchtige M u s k e l b e w e g u n g , die den 
Fettvorrath aufzehrt und — füge ich hinzu — kalte Bäder! 
Im Kap. 9 wird die Zusammensetzung der Nahrungsmittel besprochen und am Schluß 
gesagt, daß die heutige Theorie die st i ck st o f f f r e i e n Nahrungsmittel für ebenso 
wichtig, unter Umständen noch für wichtiger als die stickstoffhaltigen erklärt. 
Im Kap. 10, bei der Kinderernährung, wird gesagt, daß Nichts Eltern und 
Aerzten größeres Kopfzerbrechen verursache, als die Ernährung der Kinder im 1. Lebens 
jahre. So lange die Mutter ihr Kind selbst stillen könne, sei freilich Alles gut, allein die 
Zahl der stillenden Frauen werde — namentlich in Städten — immer seltener. Untersuch 
ungen haben sodann ergeben, daß Kuhmilch durchaus kein rationeller Ersatz für Frauen 
milch sei; weit besser wäre Esel- und Stutenmilch, indem deren Käsestoff ebenfalls 
nicht leicht gerinne und leicht löslich sei; es werde darum auch in Frankreich und Holland 
die Milch von Eselinnen mit bestem Erfolge für Säuglinge benützt. In Ermangelung der 
selben habe man nun auf künstlichen Ersatz gesonnen und gefunden, daß von allen Mehl- 
stoffen für die Kinderernährung die Hafergrütze die besten Dienste leiste, weil sie einen 
hohen Fettgehalt habe; das Stickstoffzeitalter sei vorüber, die Parias Fett und Kohlen 
hydrate kommen endlich auch hierin zu Rechte. Von den zur Zeit existirenden sog. Kinder - 
mehlen sei das Nestle'sche das beste. Uebrigens lehre die Erfahrung, daß der kindliche 
Organismus nicht an so enge Schranken gebunden sei, da Kinder mit Mutter-, Kuhmilch, 
Zwieback, Hafergrütze, Kindermehl großgezogen werden. Man brauche deshalb in der Wahl nicht 
engherzig zu sein und das einzige Geheimniß bestehe darin, r a s ch z u wechseln, bis 
das Richtige gefunden sei; bekomme eine Nahrung nicht, sofort eine andere! 
Damit schließe ich meinen Auszug aus dem modernen diätetischen Vademecum und muß 
meinen Lesern überlassen, das Weitere selbst nachzulesen, wenn es sie nach mehr gelüsten 
sollte! ^
	        
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