Volltext: Der Naturarzt 1880 (1880)

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mein Beweis war also glänzend erbracht. Der Staatsanwalt machte dagegen 
geltend: der Mangel könnte ans dem Verwaltungswege beseitigt und Lymphe aus 
Institut herbeigeschafft werden, das Kind sei vorhanden, nicht geimpft, das Gesetz 
sei übertreten, also müsse Strafe aufrecht erhalten werden! 
Ich hätte meine Beschwerde über Nichtausführbarkeit des 
Gesetzes vorher bei der Polizei anbringen müssen, das Ge 
richt habe darüber nicht zu entscheiden! 
Das Schöffengericht zog sich nunmehr zurück und verhandelte ziemlich lange, der 
Richter erklärte dann: 
„Wegen Uebertretung des Gesetzes sei ich zu verurtheilen, aber man habe mil 
de r n d e U in s t ä n d e bewilligt und die Strafe von 6 Mark auf 3 Mark herabgesetzt!" 
Ich werde also bestraft, gegenüber einem glänzend geführten Beweise über 
Nichtausführbarkeit des Gesetzes und die Lymph-Fäl schung ist 
vom Gericht anerkannt mit den mildernden Umständen ! Es ist immer ein Erfolg, 
der sich ausnützen lässt! Die Abimpfung von Arm zu A rm ist jetzt gesetzlich 
durch Amtsgericht für eine Fälschung anerkannt, auf welche hin man „in i 1 - 
dernde Umstände“ erhält. Ein grandioser Hohn auf die Gewissenhaftigkeit, 
mit der man die Durchführung der Staatsgesetze verlangen muss ! Der Staat hat 
sich die Fabrikation der Münzen in eigenen Münzinstituten und die Fabrikation der 
Lymphe in eigenen Impfinstituten vorbehalten, eine Münzfälschung oder 
eigenmächtige Prägung wird schwer bestraft, eine Ly mph es älschung nicht, 
obgleich von letzterer direct Leben und Gesundheit von Menschen abhängen! 
Ich werde nun den mir vom Gericht abgeschnittenen Beweis der Unausführbarkeit 
des Gesetzes vor der Polizei zu führen suchen und später darüber berichten. 
Vorstehendes Schreiben bedarf keines Commentars und soll seine Ver 
öffentlichung nur dazu beitragen, daß noch an vielen Orten immer mehr wackere 
Männer sich gegen den Zwang zur Impfung nach Kräften wehren! 
Passend mache ich hier auf die neueste Flugschrift unseres unermüdlichen 
Mitkämpfers, Dr. H. Oidtmann in Linnich, aufmerksam, bet. „Die Nieder 
lage des Impfzwanges unh der Jmpfschutzthcorie auf dem 7. deutschen Aerzte- 
tag zu Eisenach 1879". worin der Vortrag von Prof. Bohlt aus Königsberg 
„Die wissenschaftlichen Unterlagen der Jmpftheorie überhaupt" — einer scharfen 
Kritik unterzogen und dadurch bewiesen wird, daß es mit denselben bodenlos 
schlecht bestellt und die Impfung nach wie vor ein leider vom Staate beschützter 
medizinischer Schwindel erster Größe ist, der nicht genug gcbrandmarkt 
werden kann! — 
Ich möchte jetzt die Kaiserin von Kutztand nicht sein! 
Oder: 
Wie kuriren die k. Leibärzte in St. Petersburg? 
Vom Herausgeber. 
Mit obigen Worten empfing mich dieser Tage eine meiner Patientinnen 
und frug mich, ob ich den „Dresdner Anzeiger" vom 13. Mai gelesen 
habe? Wohl habe ich den Passus über das Befinden der russ. Kaiserin gelesen 
— lautete meine Antwort — und ich möchte ebenfalls nicht in ihrer Haut 
stecken, welche ihre Leibärzte so wenig zu pflegen verstehen, doch man höre und 
staune ebenfalls über das Gebühren dieser approbirten Mediziner: 
Der Karlsbader „Sprudel* erfährt von einer zur Zeit dort befindlichen hoch- 
gestellten Persönlichkeit, welche directe Nachrichten aus der Heimath bekommt, dass 
die Kaiserin in letzter Zeit in der Hinsicht sich besser befunden, weil sie nicht mehr 
so zu leiden habe, indem die krampfhaften beängstigenden Husten an fälle jetzt 
seltener und viel schwächer sind; Mor p h i u m und C h 1 o r a 1 erhält sie bei 
nahe (?) gar nicht mehr und mit Ausnahme von Chinin inedizinirt sie überhaupt 
gar nicht (?); aber ihre Schwäche ist sehr gross, sie ist auch in f o r t w ä h r ende r
	        
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