Volltext: Der Naturarzt 1880 (1880)

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die hohe Ungnade des eiteln fürstlichen Sanitütsrathes zugezogen, welcher sich 
darauf in lächerlich-albernen Ausfallen über meine Persönlichkeit auf den Um 
schlägen seiner „Sprechstunden" zu rächen suchte! Ja diese meine Freiheit 
— d i e r e i n e W a h r h e i t z u sagen —, welche doch für einen Berichterstatter 
der Presse erste Pflicht ist, ist sogar von einigen Schwachköpfen, die noch im 
Autoritäts der ehrungsdusel befangen sind, bitter getadelt und mein 
Referat sogar als infame Lüge, als V c r l e u m d u n g bezeichnet worden! 
Nun, ich habe dafür jetzt glänzende Satisfaction bekommen , durch den 
Inhalt eines Briefes, den ich vor Kurzem von einem Kollegen in Hamburg 
erhielt und den ich hier zu meiner Ehrenrettung und zur Schmach 
des eiteln und industrieritterlichen Sanitätsrathes Dr. P. N. hier 
folgen lasse, was mir Niemand verdenken wird; er lautet: 
8 a in b u r g „ 20. März 1880. 
Lieber Freund und Kollege ! 
Dr. P. Niemeyer war hier und hielt eine V orlesung, aber richtig eine 
Vorlesung im wahren Sinne des Wortes ! Es war für mich gleichfalls ein kleiner 
Triumph denen gegenüber, welche so genau unterrichtet sein wollten , dass der 
„Naturarzt“ in seinem Berichte vom vorigen Jahre über Dr. P. Niemeyer 
gelogen habe; ja selbst Dr. y, Düring hier wollte genau wissen, was für ein 
tüchtiger Redner Dr. P. Niemeyer sei! Der Naturheilverein hier 
stimmte also dafür, den berühmten Mann zum Vortraghalten herkommen zu lassen und 
Dr. Lindwurm, Präses des Vereins, frug nun brieflich bei Dr. Niemeyer an, ob 
er einen, oder vielmehr setzte voraus, dass er einen freien Vortrag halten werde. 
Darüber fühlte sich der grosse Herr aber sehr beleidigt, schickte einige Zeugnisse, 
d. h. falsche Zeitungsberichte von andern Städten und bemerkte dazu : das 
haben Sie gewiss aus der Zeitschrift „Der Natur a r z t u , dass ich nicht frei 
vortragen könne, das ist aber eine pure Verleumdung! — Es kam nun der Tag, 
wo Dr. Niemeyer erscheinen und „freien Vortrag* 6 halten sollte, zuerst einen 
im „ V e r ein f ü r H a n d l u n g 8k o in in i s u , und dann einen im N ä't'u r h e 11- 
verein. Der Ihnen bekannte S a g e b i e 1 'sehe Saal hier, der mehr als 1000 Per 
sonen fasst, war sehr gefüllt, Alles war gespannt auf den berühmten Mann, auch 
meine Wenigkeit, denn ich musste ja wissen, d. h. selbst sehen und hören, ob 
das von Ihnen im „N.-A.“ über Niemeyer Berichtete wirklich wahr oder entstellt 
ist! Nun also der Vorhang geht auf und schon beim Anfange seines Auftretens, 
beim Aufmac h e n der Mappe und Herausnehmen eines Papiers, beim Zurecht 
schieben der Lichter, beim Nieder sitzen und Aufmachen seines Mundes kam 
mir sofort der Gedanke : O , Wolbold , Wolbold , wie wahr ist Dein Be 
richt, und wie unwah r d e r S a n i t ä t-s rat h , welcher mit den „Kautze n 
von N aturärzten“ Nichts gemein haben will, der aber doch nur dahin 
belehrend wirkt, was das Publikum von den Naturärzten längst schon gelernt hat, 
ja noch besser gelernt hat, als Niemeyer es lehren kann! O, wie gerne hätte 
ich die Schatten abgewischt, wie habe ich nach Lichtseiten gesucht, aber der 
sonderbare Kautz Wolbold musste Recht haben, denn der hohe Sanitätsrath, der 
von Jugend auf studirt hat, kann seine Sache , die er vielleicht 1000 mal durch 
dachte, nicht einmal ordentlich vom Blatte abl e s en, geschweige 
denn frei vortragen!!! Und das ko stet: 50 Mark pro Stunde dem Natur- 
heil v e r e i n und dem Verein für Handlungskö m m i s sogar 200 Mark, 
schreibe: Zweihundert Mark!!! Am ersten Abend seines Auftretens resp. 
Ni e de r sitz e n s und Ablesens waren sämmtliche Tagesblätter durch ihre 
Referenten vertreten, am zweiten Abend hatte jedoch kein B 1 a 11 es der Mühe 
für werth gefunden, einen Reporter hinzusenden , nur Dr. Lind w u r m , unser 
Präses, hatte für diesen Abend den Auftrag und er hat wiedergegeben , was der 
grosse Dr. Paul Niemeyer auch dort vom Blatte abgelesen hatte! Ich sende 
Ihnen morgen die Blätter, in welchen über Niemeyer berichtet wird ! 
Mit herzlichem Gruss Ihr Sie jetzt tausendmal mehr hochschätzender 
Ge drat h. 
Und die „ Hamburgs r Refo r nt " berichtet in ihrer Nummer vom 
18. März Folgendes : 
Auf Veranlassung des Vereins für Handlungskommis hielt gestern Abend im Sage- 
biel'schen Etablissement Sanitätsrath Dr. P. N i e m e y e f ans Berlin einen Bort r a g (?)
	        
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