Volltext: Der Naturarzt 1880 (1880)

stattliches, welches ich aber nicht näher angeben kann, weil mir die Notiz 
abhanden gekommen ist; übrigens folgt später noch Einiges darüber. 
Die Behandlung bestand wieder in feuchter Ganzpackung mit extra Rumpf- 
compresse in der Frühe auf ca. 2 Stunden Dauer, dann nasse Abreibung, 
Promenade, 2—3 Glas frisches Wasser trinken, später 1 Seidel Milch mit 
Schrotbrod. Vormittags von 11—12 Uhr ließ ich ihm die Wohlthat der 
Heilgymnastik zu Theil werden, wobei ich ihm namentlich seinen stattlichen 
Bauch theils durch passive Manipulatioucn schwedischer Art, theils durch dupli- 
cirte Rumpf- und Gliederbewcgungen bearbeitete, um dadurch eine Zusammen 
pressung seiner Unterleibsorgane und durch dieselbe eine Resorption und Ab 
leitung der Säfte von denselben zu bewirken. Nachmittags ließ ich ihn ein 
irtes Halbbad nehmen und ins Freie gehen so viel es seine noch schwachen 
erlaubten und beim Zubettgehen eine dicke feuchte Leibbinde anlegen, 
gs gab's blos einen Teller dickgekochtcn Reis oder Gries mit ein wenig 
Compot ohne Zucker und Abends frisches Obst — Erdbeeren, Kirschen, oder 
kaltes Compot mit Schrotbrod ohne Butter. Es ist klar, daß trotz N i e m e y e r 's 
Verlangen einer nahrhaften Kost bei dem vorhandenen Magen- und 
Darmkatarrh und Stauung im ganzen Pfortadergcbiet von einer so ver 
kehrten apprvbirten Behandlung bei mir keine Rede sein konnte, denn 
dem alltäglichen Leben schon weiß jede Hausfrau, daß man den Ofen nicht 
mit Brennmaterial vollstopfen darf, wenn man denselben reinigen lassen will; 
freilich hinkt dieser Vergleich ein wenig, da man beim thierischen Ofen das 
Feuer nicht ganz ausgehen lassen darf, sondern nur auf ein Minimum die 
Heizung (Ernährung) reduziren, wenn man denselben Effect organisch erzielen 
will, den der Ofenputzcr mechanisch bewerkstelligt. 
Im 2. Monat vertauschte ich die feuchte Ganzpackung mit der nächtlichen 
ohne die Arme auf ca. 8 Stunden, ließ den Patienten einen Tag um den andern wenig 
Wasser trinken, entzog ihm auch die Frühmilch, ließ ihn Früh und Abend blos 
frisches Obst und trockenes Schrotbrod genießen, Mittags das warme Essen 
ausfallen, dafür 1 Glas Buttermilch mit Schrotbrod. 
In der 8. Woche frug ich den Patienten, der trotz dieser in den Augen 
Leute elenden Kost oder nach u n s e r e r Ansicht — infolge derselben 
hr und mehr an Gewicht abr und an Kräften zugenommen hatte: ob er 
Lust habe, eine Tagcspartie mit mir zu machen als Vorläufer der Königstein- 
bestcigung? Einige andere Personen, die von auswärts ebenfalls zur Kur hier 
waren, hatten mich nämlich gebeten, eine Tour auf die bekannte Bastei in der 
sächsischen «Schweiz mit ihnen zu machen. Warum nicht? lautete seine Antwort, 
ich fühle mich bereits recht kräftig und im Trabe wird's nicht hinauf gehen, 
auch kann nian ja nöthigenfalls auf dieser Tour Reitpferde bekommen, wenn 
die eigenen Beine das Gestell nicht mehr tragen wollen! 
siehe da: der Todeskandidat von 1878 mit der unheilbare n 
i r r h o s e hielt sich wacker; wir fuhren an einem schönen Morgen 
Frühkur auf der böhmischen Eisenbahn bis Pötscha, ließen uns über 
die Elbe setzen, gingen durch das als Sommerfrische bekannte Städtchen Wehlen 
nach dem Uttewaldergrund mit seinem Felsenthor und von da nach dem 
B a st e i f e l s e n (2 gute Stunden), wo wir vegetarianischen Mittag machten, sw 
gut es die Speisenkarte eben erlaubte, uns zugleich an der schönen Aussicht und 
dem heiteren Spiel des Orchesters ergötzend und dann ging's weiter nach dem 
Wasserfall im Amselgrund und von da nach Rathen an der Elbe zurück (wieder 
2 Stunden), wo wir ein Dampfboot abpaßten, mit dem wir bis zum 
Dunkelwerden nach Dresden zurückfuhren. Als ich am andern Tag meinen
	        
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